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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 374 -
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374 Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen Dolmetschungen (im herkömmlichen Sinn) zwischen den involvierten Kultu- ren (literarische und etwa auch diplomatische Übersetzungen) als auch Moden, Strömungen, u.ä. aus dem Bereich des Alltagslebens, der Kunst, der Literatur oder der Musik. Wichtig ist, dass diese Transfers nicht eindimensional, sondern bereits in sich »kontaminiert« sind – spätestens hier wird deutlich, wie »hybrid« kulturelle Produkte in sich bereits sein können : Auch Hermann Bahr meinte auf die österreichische Literatur bezogen, es hätte keinen Sinn, sie als Teil der deut- schen Literatur zu bezeichnen, weil »man wird Französisches finden, Deutsches, Spuren aller Literaturen, denn mit allen ist unser Geist in Commerz gewesen« (Bahr 1995 : 317). So ist etwa die Übersetzung eines Textes aus dem Englischen ins Deutsche und seine nachfolgende Publikation in einem Wiener Verlag nicht als eindeutige lineare Übertragung zu sehen, sondern als Prozess, der schon vor der Inangriffnahme der Übersetzung seinen »Anfang« nahm, da der englische Text bereits von Mehrdeutigkeiten und multiplen Kontextualisierungen durch- setzt war. Bedeutend sind auch hier die verschiedenen Zwischenkategorien, die in den Überlappungsbereichen zwischen »transkulturellem Translations- raum« und »polykulturellem Translationsraum« liegen und jene Institutionen betreffen, die sowohl mit Transferarbeiten innerhalb der Monarchie als auch mit solchen über die Monarchiegrenzen hinaus befasst waren. Durch die Über- setzung kommt es so zu ständigen Uminterpretationen und Transformationen, die die »aufnehmende Kultur« entscheidend dynamisieren und die gleichzeitig zu Brüchen führen können.296 Je nach »Kontaminierungsgrad« der involvierten Kulturen ergeben sich dynamische Prozesse, die für den Gesamtraum der Habs- burgermonarchie ausschlaggebend sind und asymmetrische Machtverhältnisse verstärken oder abschwächen können : Nicht zuletzt liegt der Unterschied, ob ein französischer Text ins Deutsche oder ins Ruthenische übersetzt wird, darin, wie weit zwischen den Kulturen bereits diskursive Austauschprozesse stattge- funden haben, die wiederum Veränderungen von Bedeutungszuschreibungen bewirken ; auch die hierarchischen Beziehungen zwischen den involvierten Ak- teurInnen wirken in diese Verhältnisse ein. Machtbeziehungen bedingen die kommunikativen Prozesse auf allen Ebe- nen ; sie gehen sowohl von sozialen Spannungen zwischen den einzelnen ge- 296 Hugo Schuchardt hat diese Prozesse mit dem Motto umrissen : »Tko želi dobro govoriti mora natucati« (»Wer danach strebt gut zu reden, muss radebrechen«), denn »wer aus irgend einem Grunde sich scheut eine fremde Sprache zu misshandeln, der wird sie nie beherrschen« (Schuchardt 1884 : 128, Hervorh.v.mir), womit er gleichsam eine erste Stufe kultureller Hybridisierung iden- tifiziert hat.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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