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11. Herbert Feigl : Pragmatische Moralbegründung
394 tain only a cautious hope that a truly enlightened mankind will be able to achieve a perma-
nent peace and a harmonious way of life. ( Feigl 1974 [ 1981 , 19 ])
Bereits 1949 versicherte Feigl :
[ … ] if religion means an attitude of sincere devotion to human values , such as justice , peace ,
relief from suffering , there is not only no conflict between religion and science but rather a
need for mutual supplementation. ( Feigl 1949 [ 1981 , 374 ])
Während eine theologische Begründung jedoch auf einen Gott verweist , muss eine säku-
lare Begründung andere Wege gehen. Möglich wäre eine intuitionistische Begründung.
Doch auch diese weist Feigl aufgrund der Unentscheidbarkeit bei unterschiedlichen In-
halten der Intuitionen zurück. ( Feigl 1950 [ 1981 , 257 ] und Feigl 1952 [ 1981 , 384 f. ])
Feigl unterzeichnete die 1980 herausgegebene Deklaration A Secular Humanist Declara-
tion des Council for Democratic and Secular Humanism ( heute : Council for Secular Human-
ism ).538 In dieser Erklärung werden u. a. die Freiheit der Forschung , die Trennung von Staat
und Kirche , das Ideal der Freiheit , eine eudämonistische säkulare Moral und Moralerzie-
hung unterstützt sowie die große Hilfe von Wissenschaft und Technik für die Menschen ,
aber auch von Kunst , Musik und Literatur hervorgehoben. Unter den Unterzeichnenden
finden sich weiters Walter Kaufmann , W. V. O. Quine , B. F. Skinner , Sir A. J. Ayer und als
eine der wenigen Unterzeichnerinnen Dora Russell , die in Klammer als Mrs. Bertrand
Russell vorgestellt wird.
11.2.2.3 Feigls pragmatische Moralbegründung
Der Humanismus erklärt Werte und Moral nicht zu einer Illusion , verlangt in der Be-
gründung jedoch ausschließlich diesseitsbezogene Überlegungen. Im Unter schied zu einer
theologischen Moralbegründung stehen für den Humanismus Feigls keine übermenschli-
chen Instanzen zur Verfügung. Schon 1949 sah er dafür keine Notwendigkeit :
[ … ] a mature mankind should be able to determine its own value standards on the basis of
its needs , wants , and the fact of the social condition of man. ( Feigl 1949 [ 1981 , 376 ])
Die bei Feigl die Moral definierenden moralischen Grundprinzipien lassen sich nach Feigl
insofern rechtfertigen , als sie für bestimmte Zwecke dienlich seien. Welche Zwecke soll-
ten jedoch der Maßstab sein ? Grundsätzlich steht für Feigl fest , dass es Zwecke von In-
dividuen sein müssen :
538 http://www.secularhumanism.org/index.php?section=main&page=declaration
Ethik und Moral im Wiener Kreis
Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ethik und Moral im Wiener Kreis
- Subtitle
- Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
- Author
- Annemarie Siegetsleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79533-9
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 450
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1. Einleitung 13
- 2. Terminologische Klärungen 37
- 3. Moral und Ethik im Wiener Kreis und die Standardauffassung logisch- empiristischer Ethik 52
- 4. Das kulturelle Umfeld des politischen und moralischen Engagements 67
- 5. Rudolf Carnap : Individualistischer Dezisionismus und wissenschaftlicher Humanismus 89
- 5.1 Einleitung 89
- 5.2 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik vor der Wiener-Kreis-Periode 92
- 5.3 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik in der Wiener-Kreis-Periode 111
- 5.3.1 Der logische Aufbau der Welt ( 1928a ) und die Konstitution von Werten 111
- 5.3.2 Scheinprobleme in der Philosophie ( 1928b ) 120
- 5.3.3 „Wissenschaft und Leben“ ( 1929b ) 123
- 5.3.4 „Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“ ( 1931/32 ) 129
- 5.3.5 „Theoretische Fragen und praktische Entscheidungen“ ( 1934a ) 133
- 5.3.6 Philosophy and Logical Syntax ( 1935 ) 136
- 5. 3. 7 Carnaps moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 138
- 5.3.8 Carnaps individualistischer Dezisionismus und die Lebenspraxis 141
- 5.3.9 Möglichkeiten und Grenzen der Ethik 148
- 5.4 Spätphase : Optative 149
- 5.5 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 160
- 6. Karl Menger : Mathematische Modelle für ein verträgliches Zusammenleben 163
- 6.1 Einleitung 163
- 6.2 Mengers Logik der Sitten 168
- 6.3 Mengers Moralauffassung 177
- 6.3.1 Moral 1. und 2. Stufe , Basismoralen 177
- 6.3.2 Sinn und Zweck der / einer Moral 177
- 6.3.3 Kritik am Kategorischen Imperativ 179
- 6.3.4 Mengers Konzeption der Moralsprache : Semantischer Nonkognitivismus 180
- 6.3.5 Moralische Erkenntnis : Fundamentaler Nonkognitivismus und systemimmanenter Kognitivismus 182
- 6.4 Mengers Ethikverständnis 186
- 6.5 Menger und die Angewandte Ethik 193
- 6.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 194
- 7. Otto Neurath : Moral auf der Grundlage gemeinsam beschlossener humanistischer Lebensgrundsätze und Ethik in der Einheitswissenschaft 196
- 8. Philipp Frank : Pragmatische Ethik und relativierte Moral 251
- 9. Moritz Schlick : Eudämonistische Ethik als Weisheitslehre 265
- 10. Victor Kraft : Zwei-Komponenten-Kognitivismus und rationale Moralbegründung 332
- 10.1 Einleitung 332
- 10.2 Krafts moralische und ethische Auffassungen in der Wiener-Kreis-Periode 337
- 10.3 Krafts moralische und ethische Auffassungen nach der Wiener-Kreis-Periode 371
- 10.3.1 Moralbegründung auf Grundlage der Kultur : Die Grundlagen einer wissenschaftlichen Wertlehre , 2. Auflage ( 1951 ) 371
- 10.3.2 Moralbegründung auf Grundlage natürlicher Ziele : Rationale Moralbegründung ( 1963 ) 374
- 10.3.3 Moralbegründung auf der Grundlage primärer Strebensziele : Die Grundlagen der Erkenntnis und der Moral ( 1968 ) 377
- 10.4 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 383
- 11. Herbert Feigl : Pragmatische Moralbegründung 387
- 12. Systematische Zusammenfassung und allgemeine Schlussbemerkungen 402
- 12.1 Mangelndes Interesse an Moral als Menschen und Bürgerinnen oder Bürger 402
- 12.2 Geteilte moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 403
- 12.3 Differenzierungen in den Moralkonzeptionen 404
- 12.4 Differenzierungen in den Ethikkonzeptionen 409
- 12.5 Ausblick auf zukünftige Forschung 412
- 12.6 Allgemeine Schlussbemerkungen 413
- Literatur 417
- Abkürzungen 440
- Bildquellennachweis 440
- Personenregister 441