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52 2. Jugend- und Ausbildungsjahre
noch wurde die von Hueber eingeführte kaufmännische Ausbildung in Triest von
nachfolgenden Autoren einfach als Tatsache übernommen.39
Auf der Basis der dieser Arbeit zugrundliegenden Quellen jedenfalls sind konkrete
Aussagen zu den in der Kapitelüberschrift angekündigten „Wander- und Lehrjahren“
Michael Pfurtschellers, wie überhaupt zu seinen Kindheits- und Jugendjahren, nicht
möglich – dieses Problem ist im Übrigen im Bereich der Biographik ein allgemein weit
verbreitetes. Über Umwege wird im Folgenden dennoch eine Annäherung versucht:
Dass Lehr- oder Ausbildungsaufenthalte, wie sie Adolf Hueber für Pfurtscheller
beschrieben hat, besonders in Wirts- und Kaufleutefamilien im 18. Jahrhundert
durchaus nicht unüblich waren und nicht zuletzt auf den Erwerb von den familiären
Geschäften nützlichen Fremdsprachen ausgerichtet waren, berichtet auch Otto Stolz
in seiner „Geschichte des Zollwesens“: „Die Söhne von Kaufleuten hatten ihre Lehr-
zeit teils zu Hause, teils in den großen Handelsstädten oder in ‚Welschtirol‘ abzuleis-
ten.“40 Für Pfurtschellers stiefväterliches Handelshaus Volderauer, das zumindest laut
den Angaben eines Landgerichtsbeamten aus dem Jahr 180841 „meist nach Italien“
gehandelt habe,42 wäre ein Aufenthalt Michael Pfurtschellers in Triest vor diesem
Hintergrund mit Sicherheit durchaus vorteilhaft gewesen und ist daher wohl auch
denkbar.
Anders als für Michael Pfurtscheller selbst ist für dessen Sohn Joseph ein mehr-
jähriger Ausbildungsaufenthalt in Verona aufgrund von Quellen belegbar.43 Seine
ergebnislos. Die Informationen über eine kaufmännische Ausbildung Pfurtschellers in Triest dürften
daher auf den von Hueber erwähnten „mündlichen Erhebungen“ in Fulpmes beruhen und sind
daher nicht mehr nachvollziehbar.
39 Vgl. z. B.: Waldemar Grossmann, Die Innerebner. Ein altes Sarnergeschlecht (Schlern-Schriften
276), Innsbruck 1984, S. 65; sowie: Pizzinini, Michael Pfurtscheller, 1981; sowie: Rhomberg, Stu-
baier Kleineisenindustrie, 1946, S. 21; auch: Georg Zwanowetz, Michael Pfurtscheller, in: Österrei-
chisches Biographisches Lexikon, Bd. 8., Wien 1979, S. 42.
40 Otto Stolz, Geschichte des Zollwesens, Verkehrs und Handels in Tirol und Vorarlberg von den An-
fängen bis ins XX. Jahrhundert (Schlern-Schriften 108), Innsbruck 1953, S. 201.
41 Seit dem Tod Johann Volderauers, Michael Pfurtschellers Stiefvater, im Jahr 1799 führten Witwe
Gertraud Wiesflecker, Stiefsohn Michael Pfurtscheller und dessen Stiefbruder Franz Volderauer die
Geschäfte unter dem Namen „Johann Volderauers Erben“ weiter. Aufgrund der Minderjährigkeit
seines Stiefbruders agierte Michael Pfurtscheller als „Geschäftsführer“. (Vgl. Kap. 5.2.2.) – Dass das
Handelshaus Volderauer bereits zu der Zeit, als Michael Pfurtscheller sich als Minderjähriger zu Aus-
bildungszwecken in Triest aufgehalten haben könnte, in „Italien“ eines seiner Hauptabsatzgebiete
hatte, ist dabei eine Annahme. Es geht hier – darauf wird noch detaillierter eingegangen werden – in
etwa um die Jahre zwischen 1790 und 1797.
42 Vgl. Johann von Anreiter beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1808], Statistische Nachrichten
vom Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil H.
43 Vgl. Kap. 5.3.4.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435