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3.2. 1799/1800, 1805 81
Schmiedt“117, unter dessen Kommando auch die Stubaier Schützenkompanie stand,
den Befehl nicht erhalten, der die Verschiebung des Angriffes anordnete. Mit etwa
1600 Mann, 7 Kompanien regulären Militärs sowie 5 Schützenkompanien, rückte
von Schmidt am Abend des 21. April in Richtung Fimbajoch, einem Übergang ins
Engadin, vor.118 Den weiteren Verlauf lässt Moriggl Joseph Cupertin Lener, Wirt
aus Mieders und wie bereits erwähnt Oberjäger der Stubaier Schützenkompanie, be-
richten. Am 22. drang man ins Engadin vor. Da der allgemeine Angriff ausblieb, sah
man sich einer französischen Übermacht gegenüber. Major von Schmidt musste sich
schon bald mit dem Großteil seiner Truppen ergeben, die Schützen und der Rest der
regulären Truppen traten, vom Gegner verfolgt, eiligst den Rückzug an. An einer
günstigen Position stellte man sich noch einmal den Verfolgern entgegen. Um die
eigenen Leute am Desertieren zu hindern, habe er, so berichtet Lener, den Vorschlag
gemacht, „daß Jeder befugt sein soll, auf denjenigen zu schießen, der sich davon-
schleichen wolle“.119 Tatsächlich sei einem Schützen aus diesem Grund ins Bein ge-
schossen worden. Gegen Abend zogen sich dann die Verfolger zurück, worauf auch
die Schützen den Rückmarsch über das Fimbajoch antraten. Lener berichtet, die
Stubaier Kompanie habe zwei Verwundete und einen Toten zu beklagen gehabt. Letz-
terer, laut Moriggl „Johann Schiester“ aus Mieders, sei zunächst auf dem Kampfplatz
zurückgelassen, später dann mit einem Schlitten geborgen und in Ischgl beigesetzt
worden. Moriggl berichtet weiters von einem Teil der Stubaier, der vom Rest der
Kompanie getrennt worden sei und sich nach Samnaun flüchten hätte müssen. Zwei
Neustifter, Johann Kartnaller und Markus Jordan, und fünf weitere Mitglieder dieser
24-köpfigen Gruppe seien auf dieser Flucht einer Lawine zum Opfer gefallen und
später in Samnaun beerdigt worden.120 Moriggls Angaben zu den Verlusten der Stu-
baier decken sich im Wesentlichen sowohl mit denen der bereits mehrfach erwähn-
ten Gefallenenliste, die Ende 1834, Anfang 1835 auf Geheiß des Landesguberniums
seitens des Landgerichtes Mieders erstellt wurde, als auch mit denen in Pfurtschellers
Bericht über die Kriegsereignisse der Jahre 1796 bis 1813 aus dem Jahr 1838.121
117 Dabei handelt es sich wohl um Generalmajor Heinrich von Schmidt (1743–1805). (Vgl. Wurzbach,
Lexikon, Bd. 30, 1875, S. 252–256.) In der Folge wird die Schreibweise „Schmidt“ beibehalten.
118 Vgl. A. Moriggl, Einfall der Franzosen, 1855, S. 73. – Josef Fontana zufolge schneite es in der Nacht
vom 21. auf den 22. April. (Fontana, Südtiroler Unterland, 1998, S. 214.)
119 Joseph Cupertin Lener, zitiert nach: A. Moriggl, Einfall der Franzosen, 1855, S. 79.
120 Vgl. A. Moriggl, Einfall der Franzosen, 1855, S. 80–82.
121 Auch die vom Landgericht Mieders erstellte Gefallenenliste berichtet von drei Toten. Allerdings
gibt es Ungereimtheiten hinsichtlich der Namen der Gefallenen. Das Landgericht nennt die Namen
Lorenz Schießer aus Mieders (hier dürfte es also zu einer Verwechslung beziehungsweise Verballhor-
nung zu Johann Schiester bei Moriggl gekommen sein), Johann Hofer aus Neustift (im Gegensatz zu
Johann Kartnaller bei Moriggl) und Nikolaus Jordan aus Neustift (im Gegensatz zu Markus Jordan
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435