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3.2. 1799/1800, 1805 87
Aufforderung hatte man, so Pfurtscheller, am 6. Oktober erhalten.140 Während das
Verzeichnis der Zeugnisse, Urkunden und Diplome Pfurtschellers weder genauere
Angaben darüber macht, wo die Stubaier Mannschaft postiert noch inwieweit sie in
die Kämpfe rund um die Festung Scharnitz involviert war, spricht Pfurtscheller in
seinem Bericht aus dem Jahr 1838 davon, dass die Stubaier direkt an der Verteidi-
gung der Festung Scharnitz beteiligt gewesen seien. Als diese dann am 4. November
nicht mehr haltbar war, entließ Festungskommandant Oberst Swinburne141 die Lan-
desverteidiger, die sich daraufhin über die Berge nach Hall zurückzogen und von dort
ruhig in ihre Heimatorte zurückkehrten. Weiterer Widerstand wurde den nach Inns-
bruck vorrückenden gegnerischen Truppen nicht geleistet.142 Wohl nicht zuletzt auf-
grund dieser Zurückhaltung gab es auf Seiten der Stubaier auch keine Verluste. Dafür
spricht auch ein Schreiben Pfurtschellers an die Gemeindevorstehung in Fulpmes
vom 18. Mai 1809. Der ausgerückte Landsturm solle vor den durch das Unterinntal
in erdrückender Übermacht anrückenden Bayern zurückgezogen werden, so Pfurt-
scheller darin. Um nicht weitere Verheerungen wie am 15. Mai in Schwaz143 zu pro-
vozieren und den Landesverteidigern weitere Niederlagen und Verluste zu ersparen,
weist Pfurtscheller diese an, sich ebenso ruhig zu verhalten wie schon im Jahr 1805:
der eben auch die Stubaier ein Kontingent beizutragen hatten. Am 27. Oktober 1805 wurde er zum
Landmilizmajor ernannt, war aufgrund dieses Ranges dann auch der Kommandant der Miliz in und
um Scharnitz. (Vgl. Fontana, Südtiroler Unterland, 1998, S. 304; sowie: A. Moriggl, Feldzug des
Jahres 1805, 1861, S. 230, 255, 258 u. 330 f.)
140 Vgl. Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 1,
Nr. 4, Eintrag zum 6. Oktober 1805. – In seinem Bericht aus dem Jahr 1838 spricht Pfurtscheller
von 64 Mann, die „mit einem Unterleutnant v. Kolb“ ausgerückt seien. (Vgl. Pfurtschellers „Kurz-
gefaßte Beiträge zur Kriegsgeschichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105,
S. 4 [vgl. Anm. 6].)
141 Oberstleutnant Robert Thomas Freiherr von Swinburne (je nach Quelle 1763 oder 1766–1849)
wurde im Herbst 1805 mit der Verteidigung der Festungsanlage in Scharnitz betraut. Im April 1806
wurde er für seine Leistungen mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet. (Vgl.
Wurzbach, Lexikon, Bd. 41, 1880, S. 55–57.)
142 Vgl. Verzeichnis Zeugnisse, Urkunden und Diplome, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund
1, Nr. 4, Eintrag zum 6. Oktober 1805; sowie: Pfurtschellers „Kurzgefaßte Beiträge zur Kriegsge-
schichte“, o. D. [1838], TLA, Landtagsakten 1839, Fasz. 75, Nr. 1105, S. 4 [vgl. Anm. 6]; sowie:
Daublebsky, Geschichtlicher Anhang, 1872, S. 82.
143 Am 15. Mai 1809 legten bayerische Truppen aus Rache für den hartnäckigen Widerstand, der ihr
Vorrücken erschwert hatte, Feuer in der Marktgemeinde Schwaz, die daraufhin fast komplett nieder-
brannte – so wurde der Brand zumindest propagandistisch ausgeschlachtet und von großen Teilen
der Bevölkerung rezipiert. Martin Schennach diagnostiziert jedoch, es sei „unwahrscheinlich“, dass
der Brand absichtlich von bayerischen Truppen gelegt worden sei. Um den vehementen Widerstand
im Markt zu brechen, sei Schwaz mit Brandgranaten beschossen worden. Auf diese Weise sollten
die in den Häusern verschanzten österreichischen Truppen und Tiroler „Insurgenten“ zum Rückzug
gezwungen werden. (Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 556–560.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435