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Vor 1918
Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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104 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant Wie wichtig den Bezirksausschüssen diese Angelegenheit war, aber auch mit wel- cher Vehemenz sie ihre den Auffassungen des Landrichters und des Generallandes- kommissariats zuwiderlaufenden Interessen vertraten, zeigte sich knapp zwei Monate später. Nachdem ihrer am 8. Januar 1807 dem Generallandeskommissariat über- mittelten Bitte noch nicht in ihrem Sinne stattgegeben worden war, wandten sie sich am 1. März direkt an den König.211 Die Argumentation in dem Schreiben, das von zwei bevollmächtigten, in München ansässigen Stubaier Händlern212 bei Hofe eingebracht wurde, ist größtenteils dieselbe wie in dem erwähnten Bittschreiben an das Generallandeskommissariat vom Januar.213 Allerdings üben die Gemeindever- treter diesmal auch ganz dezidiert Kritik an Landrichter Johann von Lama. Dieser sei schuld an der Resignation von Stolz’, habe er ihm doch zur Auflage gemacht, sich wöchentlich zwei Tage lang in Innsbruck am Landgericht aufzuhalten, was für den ohnehin kränklichen Aktuar zu viel der Strapazen bedeutet hätte. Noch weit schwerer wogen jedoch wohl zwei weitere Vorwürfe. Erstens habe sich von Lama mit seiner Entscheidung, kein ständiges Aktuariat in Schönberg zu belassen, über eine königliche Anweisung hinweggesetzt, zweitens habe er eigenmächtig Gerichtsakten 211 Vgl. Vorstellung der Stubaier Gemeinden an König Maximilian I. Joseph, 1. März 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1. 212 In seiner Beantwortung der Fragen des „Sammler für Geschichte und Statistik von Tirol“ (vgl. Anm. 196), nimmt Joseph von Stolz Bezug auf das System der Stubaier Handelskompanien: „[…] so z. B. ist die Compagnie Hofer, und Triendl in der Haupt Stadt München etabliert, wo sie fort, und fort einen offenen Laden, oder Gewölbe hat. Das ganze Jahr hindurch hält sich dort ein Kamerad auf, während die übrigen theils ihrer Landwirtschaft obliegen, und die Waaren Einkäufe besorgen helfen, theils anderwärts die Stadt, und Land Märkte abhalten, und besuchen. […]“ (Vgl. Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D., Statistische Nachrichten vom Thale Stubay, zusammenge- stellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil B; sowie: Vollmacht der Stubaier Gerichtsausschüsse für Martin Hofer und Martin Triendl, 23. Februar 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.) 213 In insgesamt sieben Punkten argumentieren die Stubaier gegenüber dem König, warum ein ständi- ges exponiertes Aktuariat, besser noch ein eigenes Landgericht, unbedingt nötig sei. Zum Beispiel würde allein der Weg nach Innsbruck bis zu elf Stunden in Anspruch nehmen. Die Erledigung von Amtsgeschäften würde folglich bis zu drei Tagen in Anspruch nehmen und mit horrenden Kos- ten für Verpflegung und Logis verbunden sein. Besonders „der Landmann“, also die bäuerliche Bevölkerung, könne sich das nicht leisten. Außerdem seien die Metallwarenerzeuger und -händ- ler bei Vertragsabschlüssen und Ähnlichem häufig auf die Leistungen der gerichtlichen Obrigkeit angewiesen. Schließlich gebe es auch für den Staat negative Auswirkungen, in zweierlei Hinsicht: Erstens könnte die verarmende Landbevölkerung die anfallenden Steuern und Abgaben nicht mehr bezahlen, zweitens würden die „Gerichtstaxen“, die zur Besoldung des Amtspersonals aufgewendet würden, zunehmend ausfallen. (Vgl. Vorstellung der Stubaier Gemeinden an König Maximilian I. Joseph, 1. März 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1; sowie: Bittschreiben der Stu- baier Bezirksausschüsse an das Generallandeskommissariat für Tirol, 8. Januar 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.) Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Ein Bürger unter Bauern? Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Titel
Ein Bürger unter Bauern?
Untertitel
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Autor
Michael Span
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20144-1
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
470
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 9
    1. 1.1. Begriffe 9
      1. 1.1.1. Sattelzeit 9
      2. 1.1.2. Mikrogeschichte 11
      3. 1.1.3. Protoindustrialisierung 16
      4. 1.1.4. Bürger und Bauern 19
    2. 1.2. Fragestellungen und Forschungsstand 23
    3. 1.3. Quellen 31
      1. 1.3.1. Nachlass Michael Pfurtscheller 32
      2. 1.3.2. Verfachbuch, Verlassenschaftsabhandlungen, Kuratelrechnungen 34
      3. 1.3.3. Gerichtsakten 35
      4. 1.3.4. Materialiensammlung Rapp 36
      5. 1.3.5. „Statistische“ Daten zum Stubaital 37
      6. 1.3.6. Sonstige Quellen 38
  2. 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
    1. 2.1. Schulbildung in Tirol an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert 41
    2. 2.2. Die Trivialschule in Fulpmes im Jahre 1785 44
    3. 2.3. Wander- und Lehrjahre 51
  3. 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
    1. 3.1. 1797 58
      1. 3.1.1. Der Krieg erreicht Tirol 58
      2. 3.1.2. Quellen zu Michael Pfurtscheller und 1797 59
      3. 3.1.3. Der Stubaier Landsturm zieht aus 64
      4. 3.1.4. Die Einsatzgebiete des Stubaier Landsturms 68
      5. 3.1.5. Das Ergebnis der Kämpfe 75
    2. 3.2. 1799/1800, 1805 77
      1. 3.2.1. Tirol und der zweite Koalitionskrieg 77
      2. 3.2.2. Die Stubaier Schützenkompanie an der Grenze zu Graubünden 78
      3. 3.2.3. Stubaier Aufgebote an der Grenze zu Bayern 83
      4. 3.2.4. Der dritte Koalitionskrieg 1805 84
      5. 3.2.5. Das Stubaital und der Krieg 1805 86
    3. 3.3. 1809 88
      1. 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
      2. 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
      3. 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
        1. 3.3.3.1. Katastrophenbewältigung und Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 93
        2. 3.3.3.2. Neuordnung der Verwaltungssprengel 100
        3. 3.3.3.3. Währungsreform und wirtschaftliche Schwierigkeiten 109
      4. 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
      5. 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
        1. 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
        2. 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
        3. 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
        4. 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
        5. 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
        6. 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
        7. 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
        8. 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
        9. 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
        10. 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
        11. 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
        12. 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
        13. 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
        14. 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
      6. 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
    4. 3.4. Erbhuldigung 1838 236
      1. 3.4.1. Erbhuldigung im Staat des 19. Jahrhunderts 236
      2. 3.4.2. Michael Pfurtscheller und das Großereignis Erbhuldigung 239
    5. 3.5. 1848 251
      1. 3.5.1. Die Revolution erreicht Tirol 251
        1. 3.5.1.1. Stubaier Reaktionen auf revolutionäre Ereignisse 257
        2. 3.5.1.2. Das Stubaital wählt 268
      2. 3.5.2. Defensionskommissär Pfurtscheller 273
  4. 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
    1. 4.1. Michael Pfurtscheller als Gemeindevorsteher 288
      1. 4.1.1. Pfurtscheller und die dörfliche Infrastruktur 291
      2. 4.1.2. Die Verlegung des Gerichtssitzes 294
    2. 4.2. „Lästige“ administrative Ämter 300
    3. 4.3. Exkurs: Anton Lutz und die Unbeliebtheit von Gemeindeämtern 307
    4. 4.4. Michael Pfurtschellers „Feinde“ 310
  5. 5. Familie Pfurtscheller 315
    1. 5.1. Michael Pfurtschellers familiärer Hintergrund 315
    2. 5.2. Michael Pfurtscheller heiratet 321
      1. 5.2.1. Anna Lener 321
        1. 5.2.1.1. Stubaier Heiratskontrakte aus dem Jahr 1805 im Vergleich 328
        2. 5.2.1.2. Michael Pfurtscheller und das Netzwerk der Leners 332
      2. 5.2.2. Elisabeth Wolf 333
    3. 5.3. Michael Pfurtscheller als Familienvater 337
      1. 5.3.1. Der rechtliche Rahmen 337
      2. 5.3.2. Säuglingssterblichkeit und Kinderzahl 339
      3. 5.3.3. Emotionale Bindungen im Hause Pfurtscheller 343
      4. 5.3.4. Die Ausbildung der Söhne Michael Pfurtschellers 349
      5. 5.3.5. Michael Pfurtschellers Söhne und der Militärdienst 352
  6. 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
    1. 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
    2. 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
      1. 6.2.1. Die Informationsbasis zeitgenössischer Beiträge 364
      2. 6.2.2. Zur Verlässlichkeit bislang rezipierter Quellen zur Stubaier Wirtschaft 367
      3. 6.2.3. Zeitgenössische obrigkeitlich-statistische Erhebungen 372
        1. 6.2.3.1. Das Stubaital in der Staatsgüterbeschreibung von 1802 372
        2. 6.2.3.2. Das Stubaital in der „Montgelas-Statistik“ 375
    3. 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
      1. 6.3.1. Die Metallwarenerzeugung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 383
      2. 6.3.2. Die Handelskompanien 391
      3. 6.3.3. Die Jahrhundertwende als wirtschaftliche Krisenzeit 394
      4. 6.3.4. Die Wirtschaftskrise und Michael Pfurtschellers Aufstieg als Verleger 398
        1. 6.3.4.1. Das Handelsmodell Pfurtschellers 398
        2. 6.3.4.2. Michael Pfurtscheller als Krisenretter und Krisenprofiteur 401
        3. 6.3.4.3. Exkurs: Michael Pfurtscheller gegen Anna Maria Heilig, verwitwete Schmid 408
    4. 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
      1. 6.4.1. Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Wirten 414
      2. 6.4.2. Stubaier Wirte gegen illegale Konkurrenz 420
    5. 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
  7. 7. Schlussbemerkungen 425
  8. 8. Anhang 435
    1. 8.1. Abkürzungsverzeichnis 435
    2. 8.2. Quellenverzeichnis 436
      1. 8.2.1. Archivalien 436
      2. 8.2.2. Gedruckte Quellen 437
      3. 8.2.3. Zeitungen, zeitgenössisch 438
      4. 8.2.4. Gesetzes- und Verordnungstexte 439
    3. 8.3. Literaturverzeichnis 440
    4. 8.4. Personenregister 460
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