Seite - 116 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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116 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„Als schon im Winter des Jahr 1809 Andreas Hofer von Wien zurükkam, und gedruckte
Aufforderungen zur Empörung insgeheim vertheilen ließ, wurde mir die Mittheilung erst
am 11 April durch nachstehende drej Seßhafte Männer gemacht, ich war an diesen Tag
frühe nach Schönberg gefahren, um einer Jahrmesse für den Anverwandten Anton Rei-
nisch beizuwohnen, nach dieser rufften mich Hr. Jos. v. Stolz262, Elias Domanig, und Jos.
Lener263 in ein seperates Zimmer, erster redete mich also an, ‚Sie werden wissen daß zwi-
schen Oesterreich und Frankreich abermal der Krieg ausgebrochen, und dass erstere über
Kärnten schon wirklich im Anzuge sind, man ist aufgefordert – das in unsern Vaterland
stehende königl. b. Militair gefangen zu nehmen.‘“264
„Voll der Verwunderung“ habe er die Worte von Stolz’ verfolgt, dann habe ihm sein
Schwager Joseph Lener das Libell von Hormayrs überreicht. Er habe das Schriftstück
dann gelesen, „vermisste darin Datum und Unterschrift“, und bemerkte daher, „daß
ich diese Aufforderung nicht vollständig finde, es wäre wohl der Mühe werth – wenn
ein ganzes Land zur Emporung aufgefordert wird Datum Unterschriften beizuset-
zen“.265 Die Reaktion des Joseph Lener auf seinen Einwand sei „eifrig“ ausgefallen,
erinnert sich Pfurtscheller in seinem Bericht weiter:
„Lener (mein Schwager) äußerte eifrig, du ungläubiger Thomas, daß Libel ist von dem be-
kannten Landesmann v. Hormair, und der Kaiser von Oesterreich – wird alle sich vielleicht
ereignenden Schäden ersetzen u. so w., trachte haimwerts – und erschreke nicht wenn viel-
leicht heute Vormittag die Glocke zum Aufbruch im Sturm – gezogen wird, Sorge daß dein
Pulver und Blej Vorrath kleinweise vertheilet wird!!“266
Vor diesem Hintergrund scheint es ungeachtet seiner allgemein anerkannt wichti-
gen Rolle als führende Persönlichkeit unter den Stubaier Aufständischen nicht an-
gebracht, Michael Pfurtscheller in der Vorbereitung und in der Anfangsphase der
Erhebung als „Falken“ zu identifizieren. Mehr noch, er sei, so heißt es im selben
Schriftstück, „gegen die Vorgesetzte königl. Bayer. Oberkeit pünktlich und gehor-
sam, ja noch mehr immer erkenntlich – für die bis hero bewiesene Sorgfalt und
262 Gemeint ist der bereits erwähnte ehemalige Richter des Landgerichtes Stubai und später exponierte
Aktuar des Landgerichtes Innsbruck in Schönberg, Joseph von Stolz.
263 Vgl. Anm. 108; sowie: Kap. 5.2.1., Anm. 33.
264 Pfurtscheller an Rapp – Nachträgliche Bemerkungen, o. D., TLA, Materialiensammlung Rapp,
Schuber 18 e, Nr. 5.
265 Ebd.
266 Ebd.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435