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382 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
ben getrennt nach Herkunfts- und Absatzgebieten der Waren zu benennen.“90 Dass
die Fulpmer Händler, wie aus der Tabelle hervorgeht, anders als ihre Kollegen in den
anderen Gemeinden des Tales keinerlei Verkäufe ins Ausland tätigten, ist angesichts
der Informationen aus anderen Quellen tatsächlich zweifelhaft.
Neben all diesen – wie Rode sie bezeichnet – „methodischen Schwierigkeiten“
ergibt sich für den Umgang mit den Daten der „Montgelas-Statistik“ – vor allem mit
jenen zu Produktion und Handel – noch ein weiteres, schwerwiegendes Problem:
Die Frage nach der Verlässlichkeit der Angaben ist nicht beantwortbar. Weder Pro-
duzenten noch Händler hatten großes Interesse, den Behörden ihre Betriebszahlen
offenzulegen.91 Diesen Einwänden kam man seitens der Obrigkeit auch bereits in
der Verordnung des Jahres 1809, durch die die Datenerhebungen veranlasst wurde,
entgegen. So heißt es darin hinsichtlich der Tabellen zu Manufakturen und Fabriken
sowie zu Speditionshändlern, Kaufleuten und Krämern:
„Es sollen jedoch hiebei [bei den Speditionshändlern, Kaufleuten und Krämern], als oben
bei No. 7. [bei den Manufakturen und Fabriken] die Polizeibeamten nicht befugt seyn, von
den Fabrikanten und Kaufleuten, zum Zwecke der gegenwärtigen statistischen Notizen,
die Vorlegung der Handelsbücher zu fordern. Es genügt, wenn diese die erforderlichen
Nachrichten auf ihre Bürger- und Unterthanen-Pflicht, wahrheitsmässig angeben. Offen-
bare Unwahrheiten sind durch Vernehmung anderer kundiger Männer zu berichtigen, und
sofern sie klar dargethan sind, durch Geld-Strafen zu rügen. Uebrigens sind die Aemter
verpflichtet, die einzelnen Angaben auf Verlangen geheim zu halten.“92
Die Angaben hinsichtlich Warenwert und Handelsvolumen in den Tabellen beruhen
also auf den Aussagen der Produzenten beziehungsweise Handelstreibenden. Tatsäch-
lich sei es im Rahmen der Erhebungen „verschiedentlich“ auch zu Berichtigungen
von Angaben gekommen, so Rode.93 „Offensichtlich fürchteten die Handelsleute
steuerliche Mehrbelastungen bei realitätsnaher Bezifferung ihrer Umsatzerlöse gegen-
über den Behörden“, fährt er fort.94
90 Ebd., S. 52.
91 Vgl. ebd.
92 K.B. Reg.-Bl. 1809, Nr. 74, 25. Oktober 1809, Sp. 1725.
93 Vgl. Rode, Handel im Königreich Bayern, 2001, S. 53. – Es sei allerdings auch zu bedenken, dass
viele kleine Produzenten und Händler – vor allem in ländlichen Regionen – gar nicht über eine so
detaillierte Buchführung verfügten, als dass sie die Fragen der Behörden auf deren Grundlage umfas-
send beantworten hätten können.
94 Ebd. – Es sei an dieser Stelle an die Überlegungen zur Glaubwürdigkeit der Zahlen und Daten in
zeitgenössischen literarischen Beiträgen zur Wirtschaft im Stubaital in Kapitel 6.2.2. erinnert – ins-
besondere an Michael Pfurtschellers Bemerkung zur „habsüchtigen Regierung“. (Vgl. Kap. 6.2.2.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435