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6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 397
von Fulpmes – und die seit 1810 bestehende „Eißenzunpftmeisterschaft in Stubay“
in mehreren Eingaben an die offiziellen Stellen, auf die kritische Lage der Metallwa-
renerzeugung und des Handels hinzuweisen und politische Einflussnahme zu deren
Gunsten zu erwirken. So kritisiert Pfurtscheller im Namen der Stubaier „Eisenzunft-
meisterschaft“ in einer in seinem Nachlass erhaltenen Abschrift eines Schreibens an
das Landgericht in Schönberg dieselben Punkte, die schon von Stolz und von Anrei-
ter Jahre zuvor als Hauptursachen für die Krise des Stubaier Handels identifiziert hat-
ten: Ein Hauptkritikpunkt sind die protektionistischen Wirtschaftsstrategien anderer
Staaten, denen nach den Wünschen der Stubaier doch mit mehr Protektionismus
seitens der bayerischen Regierung begegnet werden möge. Zwar seien nämlich Stu-
baier Waren mit Importverboten nach Österreich, Frankreich und ins südliche Italien
belegt, aus diesen Regionen dürfe jedoch sehr wohl ins Königreich Bayern geliefert
werden. Zweitens würden viele Staaten zwar einen Import zulassen, jedoch nur nach
Zahlung hoher Einfuhrzölle135. Schließlich seien auch die mangelnde Qualität der
Rohstoffe und deren zu hoher Preis weitere wesentliche Probleme – das Landgericht
möge sich doch „allerhöchsten Ortes“ dahingehend verwenden, dass die Preise der
Rohmaterialien herabgesetzt und deren Qualität verbessert werde, bittet Pfurtschel-
ler.136 An anderer Stelle regt er außerdem die Anstellung eines „Zeichnungslehrers“
an, da viele in der Region zwar Potenzial hätten, „zur Vervollkommnung der Pro-
duktion“ beizutragen, ihnen jedoch die geeignete Ausbildung dazu fehle. Es wäre
außerdem empfehlenswert, die Wanderung „junger Leite“ zu Aus- und Weiterbil-
dungszwecken mehr zu fördern.137 Ob die Eingaben der Stubaier tatsächlich von
Erfolg gekrönt waren ist fraglich. Erich Egg spricht in seinem Beitrag „Die Entwick-
lung der Stubaier ‚Kleineisenindustrie‘ von den Anfängen bis 1840“ jedenfalls von ei-
nem „Fragespiel zwischen den Behörden und dem damaligen Ortsvorsteher Michael
Pfurtscheller“, das jedoch keinerlei Vorteile für die Stubaier gebracht habe.138
135 Detailliert bis auf den Kreuzer führt Pfurtscheller hier als Beispiel die „Mautgebühren“ von „Ober-
italien“, Baden, Württemberg und der Schweiz auf. (Vgl. Konzept Anfragebeantwortung Fabrikation
im Stubaital, 16. Januar 1812, TLMF, Hist. Samml., Schachtel „Zünfte – Schmiede im Stubaital“,
Nr. 9.)
136 Vgl. Abschrift Eisenzunftmeisterschaft Stubai an LG Stubai, 24. Januar 1812, TLMF, Hist. Samml.,
Schachtel „Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr. 11; sowie das nahezu gleichlautende Konzept dazu
aus der Hand Michael Pfurtschellers: Konzept Anfragebeantwortung Fabrikation im Stubaital, 16.
Januar 1812, TLMF, Hist. Samml., Schachtel „Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr. 9.
137 Vgl. Abschrift Pfurtscheller an LG Stubai, 20. Januar 1812, TLMF, Hist. Samml., Schachtel „Zünfte
– Schmiede im Stubaital“, Nr. 10.
138 Vgl. Egg, Kleineisenindustrie, 1987, S. 238.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435