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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 71 Die Spalte ist nur für die Angehörigen des im Reichsrate vertretenen Ländergebietes auszufüllen. Für jede solche Person ist die Sprache, deren sich dieselbe im gewöhn­ lichen Umgange bedient, jedenfalls aber nur eine der nachbenannten Sprachen anzugeben, und zwar : […]. (Österreichische Statistik 1912 : 13*, Hervorh. i. O.)44 Realiter gehörte jedoch in weiten Teilen der Monarchie die Mehrsprachig­ keit zum Alltag, sie war »tatsächlich ausgeübte soziokulturelle Praxis« (Stachel 2001 : 20, Hervorh. i. O.).45 Der Begriff der Mehrsprachigkeit wird damals wie heute in äußerst ambivalenter Weise verwendet, bezeichnet er doch zum ei­ nen eine angestrebte, zum Teil prestigehafte Mehrsprachigkeit, die sich durch das – zusätzliche – Erlernen einer zweiten Sprache ergibt, und zum anderen eine auf staatsrechtlichen Grundlagen beruhende Mehrsprachigkeit wie etwa in der Kombination Minderheitensprache und Nationalsprache (vgl. dazu auch Burger 1997 : 35). Die vielfältigen Ausprägungen von Mehrsprachigkeit, wie sie von Mario Wandruszka in zum Teil idealistischer Weise aufgezeigt wurden (Wandruszka 1981), können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mehrspra­ chigkeit vielfach mit Macht­ und Prestigefragen in Verbindung zu bringen ist : Was zumeist zählt, ist der soziale Aufstieg. Statistisch ist das Phänomen der Mehrsprachigkeit freilich nicht fassbar, da sie in überaus heterogenen und teil­ weise einander überschneidenden Kontexten auftrat – es sei nur an die Existenz mehrsprachiger Gebiete innerhalb der Habsburgermonarchie oder an die aus Migrationsprozessen resultierenden mehrsprachigen Situationen vor allem in größeren urbanen Räumen gedacht. Die Funktionsunterschiede in der Verwen­ dung der verschiedenen Sprachen lassen eine Hierarchisierung erkennen, die die Herrschaftsverhältnisse in den einzelnen gesellschaftlichen Domänen wider­ spiegeln und die Frage nach der sozialen Geltung der jeweiligen Sprache in ihrer jeweiligen Anwendungssituation aufwerfen. Wird davon ausgegangen, dass die Sprachenwahl der SprecherInnen – so eine solche überhaupt möglich ist – »auf­ grund gesellschaftlicher Interaktion [erfolgt] und […] durch den ›Marktwert‹ der Varietäten bestimmt [wird]« (Helfrich/Riehl 1994 : 1), so kann die Analyse dieser sozialen Interaktionen die Machtverhältnisse freilegen, die das Makrosys­ 44 Veiter gibt eine aufschlussreiche Übersicht zur Formulierung der Befragung nach der jeweiligen Sprache bei Volkszählungen zwischen 1869 und 1961 (Veiter 1970 : 647). 45 Diesbezügliche Beispiele sind aus allen Lebensbereichen dokumentiert, vgl. etwa die Rekrutenver­ eidigung wenige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in einer Wiener Kaserne, die in zehn Sprachen unter Mitwirkung der Militärgeistlichen von sieben Religionsgemeinschaften erfolgt war (Wandruszka 1985 : XI).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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