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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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88 Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie terscheidet zwischen symmetrischer Zweisprachigkeit, die eine ausgeglichene Kom petenz in zwei Sprachen in Wort und Schrift voraussetzt – ein in der Realität kaum vorstellbares Phänomen –, und der asymmetrischen Zweisprachig- keit, die ungleich häufiger auftritt und in der eine Sprache in Bezug auf alle sprachlichen Fähigkeiten (Verstehen, Sprechen, Lesen, Schreiben) weniger gut beherrscht wird als eine andere. Auch die Unterscheidung zwischen instrumen- teller (oder funktionaler) und integrativer Zweisprachigkeit erscheint relevant : Erstere dient hauptsächlich der Erweiterung der eigenen Kommunikations­ und Ausdrucksmöglichkeiten, Letztere hingegen sollte dazu beitragen, den Sprecher oder die Sprecherin besser in eine (neue) Gesellschaft oder Gesell­ schaftsgruppe zu integrieren. Für die Durchleuchtung bilingualer Praxis ist eine weitere Distinktion von Bedeutung, nämlich diejenige zwischen ungesteuertem und gesteuertem Zweitspracherwerb. Dabei geht es vorrangig um das Erlernen einer Zweitsprache durch kommunikatorische Praxis bzw. durch eine Bildungs­ institution. Von Mehrsprachigkeit ist dagegen die Rede, wenn mehr als zwei Sprachen in einer Gesellschaft in Kontakt stehen, wobei die Unterschiede zu bilingualen Situationen grundsätzlich gering bis nicht existent sind. Allerdings ist bei Plurilingualität davon auszugehen, dass die hierarchischen Beziehungen zwischen den involvierten Sprachen komplexer werden (vgl. Kremnitz 1994 : 24f. und 38). Krefeld unterscheidet zwischen »Diglossie« und »Dilalie« : Di­ glossie folgt gewissen Reglements und unterscheidet zwischen Sprachen oder Sprachvarianten, die in sogenannten »höheren Domänen« verwendet werden, also etwa in Schulen, im Heer oder in der Verwaltung ; Dilalie rekurriert auf die eher »niedere Domäne« der Mündlichkeit in vertrautem Umfeld, wo keine institutionellen Festschreibungen feststellbar sind (Krefeld 2004 : 34 ; vgl. auch Ille/Rindler­ Schjerve/Vetter 2009 : 94). Auf den vorliegenden Kontext bezogen wäre Diglossie als Grundlage für das in der Folge auszuführende »institutionelle Übersetzen« zu sehen, während Dilalie eher als Ausgangspunkt für das »habitu­ alisierte Übersetzen« betrachtet werden kann. Auf die bi­ bzw. multilinguale Kommunikation in der Habsburgermonarchie bezogen heißt das, dass sich zahlreiche Menschen in vielen Teilen der Monarchie, vor allem jedoch in den städtischen Ballungszentren, zum Zweck der täglichen Verständigung oftmals zweier (oder mehrerer) unterschiedlicher Sprachen be­ dienten – was freilich nicht heißt, dass weite Teile der Monarchie nicht gänzlich unbetroffen von zwei­ oder gar mehrsprachiger Praxis gewesen wären. Die zweite (oder dritte) Sprache wurde zumeist in ungesteuerter Weise erworben, das heißt, die – zumeist – ArbeitsmigrantInnen lernten diese Sprache(n) vorrangig durch die kommunikative Praxis und dadurch in vielen Fällen »zwangsweise« – sie hatten
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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