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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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»Polykulturelle Kommunikation« 117 ja zu diesem Zeitpunkt seine kulturelle Verknotung bereits sehr fortgeschritten – versucht Antonio Martecchini, den an ihn gestellten Forderungen im Ge­ richtsalltag, die zunehmend von slawischen Kontakten geprägt waren, Genüge zu tun und beschließt, sich eingehend dem Studium des Serbokroatischen zu widmen,113 obwohl dies, wie er beteuert, seine Muttersprache ist. Martecchini verwendet offensichtlich Italienisch und Serbokroatisch in gleichem Ausmaß und hat doch in beiden Sprachen nie jene Kompetenzen erreicht, die er sich selbst gewünscht hätte ; wie sehr ihm dies ein Anliegen ist, ist daran zu er­ kennen, dass er die Frage der (mangelhaften) Zweisprachigkeit in seiner Au­ tobiografie mehrmals, vor allem vor dem Hintergrund des wachsenden Natio­ nalitätenstreits, thematisiert und dabei seine angestrebt neutrale Haltung zu rechtfertigen sucht : A causa dei bei noti partiti, che già da qualche tempo si svolgevano in Dalmazia, cioè l’autonomo che prediligeva la lingua italiana e il nazionale che voleva che coi slavi si trattasse in lingua serbo­ croata, alcuni autonomi più fanatici, osservando che in Giudizio mi occupavo anche colla lingua serbo­ croata, cominciarono ad osteggiarmi. Non pertanto io che amavo pure la lingua italiana […] nella quale fui anche educato nel colleggio di Loreto, e che successivamente continuai ad usarla nelle scuole superiori ginnasiali a Ragusa, come lingua d’istruzione, volli vivere in buona amicizia con parecchie famiglie autonome […]. Siccome [col tempo] tutti si erano persuasi che non ero un fanatico partitante dei serbo­ croati, ma che trattavo gli affari oggettivamente, giunsero a nutrire per me verace simpatia, e vivevo abba­ stanza quieto e contento. (Martecchini 1906 : 57f.) Jahrzehnte später, in den Neunzigerjahren des 19. Jahrhunderts, sollte Antonio Martecchini seine – offensichtlich mühsam zur Perfektion gebrachte – Zwei­ und Mehrsprachigkeit in den Dienst einer konstruktiven Mittlertätigkeit stel­ len : Er übersetzt – im Rahmen der »inneren Amtssprache« – eine große Zahl von Gesetzestexten aus dem Deutschen ins Italienische, um den im juridischen 113 Dieses Ansinnen entspricht einer diesbezüglichen Verordnung der beiden Ministerien der Justiz und des Innern vom 20. April 1872 gemäß der – nach unzähligen anderen Erlässen ähnlichen Inhalts in den vorangegangenen Jahren – jegliche Amtshandlung in den landesüblichen Spra­ chen abzuwickeln sei, mit besonderem Verweis auf die Tätigkeiten in den Gerichten (vgl. Fischel 1910 : 194ff.). Martecchini weist auf diese gesetzlichen Bestimmungen, die ihm als Richter mit großer Wahrscheinlichkeit bekannt waren, in seiner Autobiografie jedoch nicht hin. Als die »kro­ atische oder serbische« Sprache 1909 auch für den inneren Dienst bei Gericht verpflichtend wird, ist Martecchini längst nicht mehr im Dienst.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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