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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 126 -
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126 Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie Gymnasium in der Bukowina (Staatsgymnasium Radautz/Rădăuţi), ein Kuvert mit ruthenischer Aufschrift zu öffnen, und wurde dazu schließlich durch das Ministerium für Cultus und Unterricht mit den Argumenten aufgefordert, ers­ tens sei Ruthenisch in der Bukowina landesübliche Sprache und zweitens hätte die Gymnasialdirektion leicht »Mittel und Wege finden können, sich von deren Inhalte Kenntnis zu verschaffen«, sprich, eine Übersetzung des Schriftstücks anzufertigen (AVA, 3, Karton 328, Zl. 18863/96). Retournierte Kuverts trugen auch Aufschriften wie »Wenn Sie was wollen, so schreiben Sie deutsch« und landeten vor den schlichtenden Behörden. 1905 wurde im Zuge des mährischen Ausgleichs123 ein mährisches Landes­ gesetz erlassen, das auch aufgrund seiner Breitenwirkung als Modellgesetz be­ zeichnet werden kann. Es besagte, dass Gemeinden, in denen 20 % der Ein­ wohnerInnenzahl einer Gemeinde die andere Landessprache gebrauchte, die Gemeinde auch Eingaben in dieser Sprache erledigen musste. Gemeinden je­ doch, in denen keine Sprachminderheit von wenigstens 20 % wohnte, mussten Eingaben in der anderen Landessprache zur kostenlosen Übersetzung an den Landtag senden (vgl. Stourzh 1980 : 1080). Dies heißt implizit, dass der Land­ tag für die Übersetzungskosten aufzukommen hatte ; wer mit diesen Überset­ zungen betraut wurde, wird nicht näher diskutiert, doch liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier wiederum um aus der Beamtenschaft rekrutierte Über­ setzer handelte. Damit ist eine bedeutende Frage angeschnitten, die punktuell bereits behan­ delt wurde und bei der Fülle von Akten, in denen fast durchwegs in irgendeiner Form allgemeine Angelegenheiten des Übersetzens von behördlicher Seite in­ volviert waren bzw. die direkte Forderung nach Übersetzung bestand, eine emi­ nente Bedeutung hatte : Wer hatte diese zahlreichen Übersetzungen angefertigt und wie wurden allfällige Übersetzungen bezahlt ? Wie bereits festgestellt, gab es in dieser Frage keine gesetzlichen Bestimmungen, die im gesamten Gebiet der Monarchie Gültigkeit hatten. Es kann hier deshalb nur von den wenigen belegten Fällen ausgegangen werden, wo konkret von der Beauftragung bzw. Übernahme von Übersetzungen die Rede ist ; die Ausführenden der (zahlenmä­ 123 Der zum Zweck eines friedlicheren Zusammenlebens der deutsch­ und tschechischsprachigen Bevölkerung in Mähren abgeschlossene »Mährische Ausgleich« (1905) erstreckte sich auf drei große Bereiche : Regelung der Geschäftssprache bei den autonomen Behörden, umfassende na­ tionalitätenpolitische Neuordnung des Schulwesens und Einführung nationaler Autonomie im Bereich der politischen Willensbildung mittels der Bildung nationaler Kurien im Landtag und nationaler Wählerklassen für die Wahlberechtigten (Stourzh 1980 : 1171).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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