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»Polykulturelle Translation« 145
Sprachen bzw. »Dialecte« oder »Mundarten«, wie sie noch zu dieser Zeit ge
nannt wurden.
Aus dieser Situation heraus entstand der Plan, ein deutsch slawisches Wör
terbuch der »juridisch politischen Terminologie für die slawischen Sprachen
Oesterreichs« zu erarbeiten.135 Zu diesem Zweck wurde vom Justizministerium
unter Minister Bach eine Kommission einberufen, die am 1. August 1849 zu
einem Orientierungstreffen in konstituierender Sitzung erstmals zusammen
traf.136 Die Kommission bestand aus exzellenten Fachleuten (Philologen und
Juristen) und bedeutenden Experten der slawischen Sprachen : Vuk Karadžić,
Literat und Volkstumsforscher sowie Verfasser einer Grammatik der serbischen
Sprache ;137 Ján Kollár, bekannt durch seine Programmschrift über die »Litera
rischen Wechselseitigkeiten«,138 Franjo Miklošič, Professor für slawische Phi
lologie, Jakiv Holovackyj, Professor für ruthenische Sprache, Ivan Mažuranić,
kroatischer Dichter und Politiker, der später in der Kommission von dem kro
atischen Dramatiker Dimitrije Demeter abgelöst wurde, Karol Kuzmány, Pro
fessor an der Evangelischen theologischen Fakultät in Wien, Hryhorij Šaškevyč,
Ministerialrat im Unterrichtsministerium, Matija Dolenc, Hof und Gerichts
advokat, Feliks Slotwiński und Ignaz Strojnowski, Rechtsgelehrte und Beamte,
Karel Jaromír Erben, Gubernialtranslator in Böhmen, Alois Šembera, mähri
scher Landes
Translator.139 Ebenso gehörten der Kommission sechs Redakteure
des Reichsgesetzblattes an : Anton Beck (Tschechisch), Marcell Kawecki (Pol
135 Die folgenden Ausführungen zur »k.k. Terminologiekommission von 1849« werden vor dem
Hintergrund neuerer Erkenntnisse der Terminologiewissenschaft in Hebenstreit/Wolf (2001)
beleuchtet.
136 Dabei handelte es sich nicht um die einzige Terminologiekommission dieser Art. So verfasste
etwa Eligio Smirić, Hofrat bei der dalmatinischen Statthalterei, auf der Basis einer umfang
reichen Sammlung von Gesetzen des Habsburger Reiches eine Terminologia ufficiale italiana –
serbo o croata – tedesca (Smirić 1904), die vor der Publikation einer Kommission von Juristen
und Philologen vorgelegt wurde. Die Kommission, der auch Antonio Martecchini angehörte,
arbeitete von September 1900 bis Februar 1903 und hatte die Aufgabe, die von Smirić erarbeitete
Terminologie zu korrigieren und zu vervollständigen (vgl. Martecchini 1900–1903,1906).
137 Zu Vuks spezifischem Beitrag an der Arbeit in der Terminologiekommission im Kontext seiner
Bemühungen um die Einführung der Volkssprache in die serbokroatische Literatur vgl. Pavlović
(1958).
138 Vgl. dazu etwa Hafner (1965 : 146–156).
139 In den Akten des Ministeriums des Innern ist unter den Mitgliedern der Terminologiekom
mission auch Dr. Jakob Užarević, der spätere Redakteur der kroatischen Ausgabe, angegeben.
Šembera wird dort als »Translator beim mährisch
schlesischen Landesgubernium« geführt (vgl.
AVA, 40/1, Karton 2788, Zl. 10546/911).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437