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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 149 -
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»Polykulturelle Translation« 149 nen.146 Rückwirkend wurde außerdem bestimmt, dass auch bei allen bereits ver­ kündeten und in Kraft gesetzten Rechtsbestimmungen nur der deutsche Text authentisch ist. Hunderte von Zentnern der noch in der Staatsdruckerei lagern­ den Texte des Reichsgesetzblattes wurden eingestampft. Was war der Grund für diesen Rückschritt ? Wie war es möglich, dass nun wieder die zentralistische Variante der allein gültigen deutschen Sprache auf die Tagesordnung zurück­ kehrte und den alleinigen Authentizitätsanspruch stellte ? Die Gründe dafür lagen im Bereich der Politik sowie – schlichtweg – in der Machbarkeit. Das Reichsgesetzblatt wurde per Patent vom 4. März 1849 an alle Behörden Wiens sowie an sämtliche Gemeinden der Monarchie portofrei geschickt. Eine sol­ che Auslieferung bedeutete eine Auflage von 135.000 Exemplaren, davon rund 100.000 Exemplare mit zweisprachigem Text, also in doppeltem Umfang. So nahm allein der Jahrgang 1850 70 Millionen Quartbogen in Anspruch. Alle Behörden und Gemeinden der Monarchie waren verpflichtet, es zu halten, mit dem Ergebnis, dass die Staatsdruckerei nach drei Jahren eine Million ausgelegt hatte, die sie von den Behörden nicht eintreiben konnte. Das beste Geschäft machte die Papierindustrie, deren Einkünfte durch diese Aufträge um 50–100 % stiegen (Slapnicka 1974 : 449f., Rogge 1872 : 103f.). Der postrevolutionäre reak­ tionäre Wind schien also – in Gemeinschaft mit wirtschaftlichen Überlegungen – auch die sprachlichen Regelungen in Sachen Gleichberechtigung zu erfassen. Die stolzen Worte von Justizminister Schmerling, an seinen Kaiser gerichtet, »Das Reichsgesetzblatt mit seinem in zehn Sprachen redigierten Texte […] mag allen Völkern des Kaiserstaates zum lebendigen Beweise dienen, daß es Eurer Majestät Regierung mit der Durchführung der verfassungsmäßig zugesicherten Gleichberechtigung aller Nationalitäten […] heiliger Ernst ist« (Schmerling 1849, zit. nach Slapnicka 1974 : 449) verloren somit innerhalb von nur drei Jah­ ren ihren Wert. 146 Was die sprachliche Verwendung in den Landesgesetzblättern anbelangt, so bestand der größte Unterschied zu den Reichsgesetzblättern in der Handhabe der »Authentizität« der Gesetzes­ texte : Nur drei Länder regelten landesgesetzlich, welche Sprache jene des authentischen Ge­ setzestextes sei. In Galizien war es seit 1866 die polnische Sprache allein, doch waren alle Texte auch in ruthenischer Sprache zu veröffentlichen ; in Böhmen wurden die deutschen und tschechi­ schen Texte, in Krain die deutschen und slowenischen Texte als gleich authentisch bezeichnet. In allen anderen Kronländern mit mehrsprachigen Landesgesetzblättern galt die deutsche Sprache als authentisch, doch erschienen sie jeweils in zwei oder drei Sprachen. Vgl. im Detail Stourzh (1980 : 1055) sowie Hugelmann (1934 : 627, 642, 679).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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