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»Polykulturelle Translation« 177
eine Beglaubigung der Übersetzung notwendig. In der Sprachverwendung mit
dem gemeinsamen Obersten Rechnungshof wurde eine interessante Unterschei
dung gemacht, die auf den Authentizitätscharakter der Übersetzung verwies :
Dem Rechnungshofpräsidenten wurde in »wichtigeren Fällen« eine deutsche
Ausfertigung zur Approbation vorgelegt, »trotzdem hat jedoch die ungarische
Ausfertigung nicht den Charakter einer Uebersetzung, sondern geht immer als
Originalerledigung hinaus«.
Im Laufe der Jahre wurden anlässlich verschiedener Probleme, die sich in
der Abwicklung der Korrespondenz in sprachlichen Angelegenheiten ergeben
hatten, mehrere Verordnungen erlassen, die sich vor allem auf den Schriftver
kehr des königlich ungarischen Justizministeriums mit den Behörden der Dop
pelmonarchie und auch mit Behörden im Ausland bezogen. Offensichtlich mit
dem Ziel, die Entwicklung der administrativen Handhabe in diesen Angelegen
heiten kohärent zu dokumentieren, wurde eine Sammlung der wichtigsten Ver
ordnungen bzw. Zirkularerlässe in den »Bestimmungen über die Correspondenz
der königl. ungar. Gerichte und Behörden mit dem Auslande« herausgegeben
(HHStA, Administrative Registratur, Fach 4, Karton 428, »Generalia ab 1895«).
Die Verordnungen stammten aus den Jahren 1871, 1875, 1877, 1879 und 1883
und präzisierten nicht nur die Verwendung des Ungarischen und der anderen
Sprachen der Doppelmonarchie im Verkehr mit den Gerichten, sondern regel
ten auch die Frage der Übersetzungskosten, die etwa für die zwischen ungari
schen und italienischen Gerichten gewechselten und übersetzten Schriftstücke
entstanden. Weiters wurde festgelegt, dass bei Zeugeneinvernahmen sowohl die
Fragen als auch die Eidesformel in beglaubigter Übersetzung vorgelegt werden
mussten.
Im Schriftverkehr zwischen den k. u. k. Vertretungsbehörden im Ausland
und den Behörden in Österreich wurde nach dem Ausgleich von 1867 verstärkt
darauf geachtet, dass in allen Angelegenheiten, mit denen ungarische Behör
den bzw. ungarische Staatsangehörige befasst waren, in den Eingaben und Zu
schriften die ungarische Sprache verwendet wurde. Das brachte freilich das
Problem mit sich, dass viele, wahrscheinlich die meisten der Beamten in den
Vertretungsbehörden des Ungarischen nicht mächtig waren und diesem An
spruch nicht gerecht werden konnten. Ein Zirkular des Außenministers vom
13. Februar 1893 legt dementsprechend fest, dass, falls es in der Vertretungs
behörde einen sprachkundigen Beamten gab, dieser das Schriftstück ins Unga
rische zu übersetzen habe ; andernfalls müsste man sich um eine Übersetzung
»in loco« bemühen. Sei das nicht möglich, sollte in einem der nächstgelegenen
Konsularämter nach einem solchen Beamten gesucht werden. Im äußersten
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437