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Die Ausbildung von Dragomanen 183
folgte (vgl. ibid.: 129ff.).173 Anton von Hammer Nemesbány (1809–1889), der
bereits 1829 eine Übersetzung der Kleiderordnung von Sultan Mahmud II. aus
dem Türkischen sowie weitere Übersetzungen angefertigt hatte, die im Archiv
für Geschichte und Geographie veröffentlicht wurden,174 wurde nach erfolg reicher
Absolvierung der Orientalischen Akademie 1834 zum »Dolmetsch adjunkten«
an die Internuntiatur nach Istanbul berufen und lebte dort im sogenannten
»Dragomanatsgebäude« der Gesandtschaft. Aufgrund persönlicher Differen
zen mit dem Internuntius bat er jedoch schon bald um Versetzung und wurde
schließlich zum »orientalischen Dolmetsch und Feldkriegskonzipisten« beim
Grenzgeneralkommando in Timişoara ernannt, wo er im Rahmen seiner Über
setzungs und Dolmetschtätigkeit (Korrespondenz mit den Paschas der osma
nischen Grenzprovinzen bzw. Dolmetschen bei verschiedenen Generalkom
manden) in zahlreiche Vermittlungsaktivitäten zwischen den Behörden der
beiden Reiche involviert war. Hammer Nemesbány wurde später Referent des
orientalischen Departments und Hofdolmetsch in Wien (vgl. Srbik 1944 : 46).
Ein weiteres Beispiel für einen erfolgreichen Akademie Eleven ist Anton
von Steindl Plessenet (1811–1864), dessen Vater Ignaz Johann Franz einer der
ersten Absolventen der Orientalischen Akademie war und in der Folge als Dra
goman und Postamtsdirektor an der Internuntiatur arbeitete. Anton wurde im
Alter von zwölf Jahren mit einem Gesuch um einen Freiplatz an die Akademie
nach Wien gesandt und kehrte 1832 als »Dollmetschergehilfe« nach Istanbul
zurück. In verschiedenen politisch höchst brisanten Konflikten konnte sich
Steindl als geschickter Vermittler beweisen und wurde in der Folge zum dritten
Internuntiatursdolmetsch befördert, bevor er 1854 – ganz im Sinne des oben
skizzierten Karriereverlaufs – zum Generalkonsul in Smyrna avancierte (Wan
druszka 1972 : 452f.).
Die genannten Beispiele erfolgreicher Absolventen der Orientalischen Aka
demie dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Beruf des Dolmet
schers von Prestigeproblemen begleitet war, die nicht zuletzt durch den bereits er
wähnten möglichen Aufstieg in die Gesandtschaftskarriere ausgeglichen wurden :
173 Beispielhaft für diesen Karriereverlauf ist die Biografie von Rudolf Pogatscher, ehemaliger Zög
ling der Orientalischen Akademie (Abschluss der Ausbildung : 1882), Dragoman und Konsul
in Istanbul von 1893–1899, ab 1902 Orientreferent im Ministerium des Äußern in Wien (vgl.
Rumpler 1989 : 85). Absolventen der Orientalischen Akademie fanden eine Anstellung als Dra
goman nicht nur bei der Internuntiatur in Istanbul, sondern auch etwa bei den Agentien in der
Walachei oder bei der Legation in Athen (Gołuchowski 1904 : 20).
174 Eine dieser Übersetzungen wurde von dem bekannten Orientalisten und ebenfalls Absolventen
der Orientalischen Akademie Josef von Hammer Purgstall eingeleitet (Srbik 1944 : 45).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437