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196 Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes«
bestimmten Position im Feld sind die zentralen Fragestellungen der Feldtheorie
zu verorten. Wird mit Bourdieu das Feld als »System sozialer Beziehungen« be
zeichnet, so ist verständlich, dass die Dynamik von Stellungen und Positionie
rungen im Feld auf die Rolle der AkteurInnen bezogen als Anpassungsprozess
interpretiert wird, der von einer Reihe von Determinanten im Feld gesteuert
wird (die wiederum auf diesen Prozess zurückwirken), allen voran der Erfolg
oder Misserfolg der Schriftstellerin/des Schriftstellers bzw. der Künstlerin/des
Künstlers, die Entwicklung des (Lese )Publikums u.v.m. Das bedeutet, dass ein
Individuum nach dem Grad seiner Anerkennung situiert werden kann, doch
muss dabei der Entwicklung der Klassifikationsprinzipien Rechnung getragen
werden, die für die Positionierungen im Feld verantwortlich sind ; diese dür
fen nicht auf die Interaktionen der Akteure und Akteurinnen reduziert werden,
sondern sind im Kontext der Situierung des Feldes der kulturellen Produktion
im Feld der Macht zu verorten (Pinto 1997 : 18).180
Zur Bestimmung des jeweiligen Feldes ist im Rahmen einer »Wissenschaft
der kulturellen Werke« nach Bourdieu in drei Schritten vorzugehen (Bourdieu
1997b : 35f.) : Zunächst wird, wie erwähnt, die Verortung des literarischen etc.
Feldes innerhalb des umfassenderen Feldes der politischen und ökonomischen
Macht vorgenommen ; des Weiteren wird die innere Struktur des Feldes ana
lysiert bzw. die Struktur der objektiven Beziehungen zwischen den Stellungen,
die von verschiedenen Individuen oder Gruppen vor dem Hintergrund eines
Zustandes des Wettbewerbes um literarische oder künstlerische Geltung ein
genommen werden, und in einer dritten Phase schließlich werden die sozial
konstruierten und konstruierenden Dispositionen (Habitusformen) derjenigen
AkteurInnen untersucht, die diese Positionen besetzen.
Die Erkenntnis, dass ein Feld erst zum Feld wird, wenn das darin stattfin
dende »Spiel« von den involvierten AkteurInnen als solches anerkannt wird,
erfordert im Kontext der Darstellung des Individuums als vergesellschaftetes
Subjekt einige Instrumentarien, mit denen die Logik des Feldes in ihren Wir
kungsmechanismen erfasst werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die je
Regelungsprinzipien des Feldes geben dazu Anlass, außerhalb des jeweiligen »Feldes« ablaufende
Geschehnisse oder Prozesse zu vernachlässigen oder überhaupt zu ignorieren.
180 Wie hier ersichtlich ist, geht Bourdieu von einer Konzeption der sozialen Welt aus, die als fast
ausschließlich vertikal ausgerichtet erscheint und horizontale Entwürfe auch in unteren bzw.
Sub Kategorien vernachlässigt. Dieses seiner Theorie zugrunde liegende Prinzip der Hierarchie
als dominante Strukturierungs und Differenzierungskategorie ist Bourdieu wiederholt zum
Vorwurf gemacht worden, da es der Komplexität realer Verhältnisse nicht zu entsprechen scheint
(vgl. vor allem Bohn 1991 : 136).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437