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Geschichte
Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Seite - 209 -
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Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von Positionierungskämpfen 209 und von jenen Produkten, die eher vom allgemeinen Geschäftsbereich bzw. von wirtschaftlichen Unternehmen gefordert werden, anderen Regeln. Das verhält­ nismäßig späte Auftreten eines eigenständigen, unabhängigen privaten Über­ setzungssektors im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ist unter anderem auf die Gewerbeordnung von 1859 zurückzuführen, die die Gründung von Unterneh­ men liberalisierte. Obwohl sich der Staat vorbehielt, die Richtung und vor allem die Grenzen dieser Aktivitäten festzulegen, wurde der privatwirtschaftlich ori­ entierten unternehmerischen Initiative ein relativ breiter Spielraum geboten.187 Im Zuge dieser Gewerbefreiheit kam es auch sukzessive zur Gründung von Übersetzungsbüros.188 Es ist anzunehmen, dass vor der Gründung dieser Büros die Erledigung anfallender Übersetzungsarbeiten »intern« oder »extern« in der Hand von sprachkundigen Personen im Umfeld der Unternehmen bzw. Firmen lag, die Übersetzungsdienste benötigten. Der durch die stetige Professionalisierung des Übersetzungssektors beschleu­ nigte Autonomisierungsprozess bezieht sich im vorliegenden Kontext nicht wie im künstlerischen oder literarischen Feld auf die sukzessive Befreiung der KünstlerInnen vom Schutz klerikaler und politischer Kräfte, sondern auf die Abkoppelung der Tätigkeit der ÜbersetzerInnen von unstrukturierten und nur einen geringen Organisationsgrad aufweisenden Handlungsgefügen und die allmähliche Transformation zu Produktionsverhältnissen, die durch das Zusam­ menwirken von Dispositionen, AkteurInnen und strukturellen Vorgaben des »Vermittlungsraumes« in kohärenter Weise bestimmt sind. In diesem Sinn ist die Autonomisierung des privaten Übersetzungssektors dem allgemeinen Pro­ 187 Zu weiteren Details der Gewerbeordnung von 1859 und den diesbezüglichen Novellen von 1883 und 1885 vgl. Matis (1973 : 48f.). Zu den Rahmenbedingungen für diese wirtschaftlichen Ent­ wicklungen vgl. Pichler (2003). 188 Ob es sich bei Übersetzungs­ bzw. Dolmetschbüros um »freie« oder »concessionirte Gewerbe« handelte, ist im Detail nicht festzustellen. Sie scheinen in den als »concessionirt« bezeichneten Gewerben nicht auf (vgl. Gesetze und Vorschriften 1860 : 7), bezeichnen sich jedoch selbst etwa als »Behördlich concessionirte Dolmetschkanzlei« (siehe Pukl, Jakob in Lehmann 1892 : 1585). Andererseits sagt das Kundmachungspatent vom 20. Dezember 1859 (RGBl. 227/1859), das als Präambel den verschiedenen Ausgaben der Gewerbeordnung von 1859 vorangestellt ist, aus, dass das Gesetz unter anderem auf die »literarische Tätigkeit, das Selbstverlagsrecht der Autoren und die Ausübung der schönen Künste« nicht anzuwenden ist. Falls die Tätigkeit des Überset­ zens zu dieser Kategorie zu zählen ist, unterliegt es »den dafür bestehenden Vorschriften« (ibid.). Als »concessionirte Büros« sind sie jedenfalls nicht nach der derzeit üblichen Terminologie von »konzessioniert« zu verstehen, sondern lediglich als »gewerbegerecht«. Sie unterlagen einer be­ sonderen Bewilligung und waren auch für Frauen zugänglich (siehe §§ 2–4 der Gewerbeordnung von 1859, in : Gesetze und Vorschriften 1860 : 4).
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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