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Vor 1918
Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
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Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von Positionierungskämpfen 211 dass ÜbersetzerInnen über multiple Einnahmequellen verfügten, die zum Teil mit der Tätigkeit des Übersetzens eng verbunden waren. Zwei Beispiele wären hier zu nennen : zum einen Paul Gustav Rheinhardt (Pseudonym : Paul Rein­ hardt), 1853–1934, der, um die Existenz seiner Familie zu sichern, ein kleines Übersetzungsbüro gründete und als Redakteur für verschiedene Wiener Zeitun­ gen und Zeitschriften sowie auch als Schriftsteller arbeitete. 1902 redigierte er den ersten Band des Deutsch-österreichischen Künstler- und Schriftsteller-Lexikons (Österreichisches Literaturarchiv 2003), in dem auch ein Inserat seines Überset­ zungsbüros aufscheint (Rheinhardt 1902 : 527).189 Ein anderes Beispiel ist Alois Sebera (geb. 1827), der ebenso als Redakteur zahlreicher Zeitschriften tätig war, darunter im Botschafter sowie im Deutschen Volksblatt in Wien. Seit Anfang der Neunzigerjahre des 19. Jahrhunderts war er Besitzer eines behördlich konzes­ sionierten Übersetzungsbüros und eines sogenannten »literarischen Bureaus«, in dem Prologe, Epiloge, ernste und heitere Vorträge in Versen und Prosa und Gelegenheitsdichtungen aller Art angefertigt wurden (Brümmer [1913] : 388). Diese Interaktion zwischen verschiedenen literarischen bzw. übersetzerischen Praktiken (aus den Inseraten von Sebera, die in den Jahren 1893 bis 1899 auf­ scheinen, geht keine Spezifizierung eines bestimmten Fachgebietes hervor ; auch bietet er – unspezifisch – Übersetzungen in »allen Sprachen« an) führte zwei­ felsohne zu einer gewissen Dynamik im Vermittlungsraum, die als eine Vor­ aussetzung für seine Struktur angesehen werden kann. Es ist somit erkennbar, dass die Einzelpersonen und auch die Übersetzungsbüros auf unterschiedliche Weise die Beschaffenheit des »Feldes« privater Übersetzung mitbestimmen und andererseits durch seine Logik bestimmt sind. Trotz der Unterschiede in den Gründen für die Autonomisierung des litera­ rischen »Übersetzungsfeldes« und des hier – vorläufig – als »Vermittlungsraum des privaten Sektors« zu bezeichnenden »Feldes« sind ähnliche Funktionswei­ sen im Autonomisierungsprozess selbst festzustellen, da nun Legitimation und Beurteilung der erbrachten Leistungen in beiden »(Sub)Feldern« nicht mehr von religiösen und politischen Mächten abhängig sind, sondern von Marktver­ hältnissen, in denen je nach Beschaffenheit des jeweiligen »Feldes« unterschied­ liche Kräfte sein Funktionieren bestimmen. Für die Strukturierung der jeweili­ 189 Dem Inserat ist zu entnehmen, dass Rheinhardt weit mehr als Übersetzungsarbeiten anbot und sich vielmehr auf literarische Redaktionsarbeit konzentrierte : »Übersetzungs­ Bureau Reinhardt für alle Sprachen, gegründet 1882, besorgt jede Art literarischer Arbeiten : Opern­ und Operettentexte, dramatische Werke, Feuilletons, Gelegenheits­ Dichtungen, Festspiele, Prologe, Festreden, Lieder­ texte, Correctur von Manuscripten etc. etc. in allen Sprachen, unter strengster Discretion«.
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Die vielsprachige Seele Kakaniens Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Untertitel
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Autor
Michaela Wolf
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78829-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
442
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Dankesworte 11
  2. Einleitung 13
  3. Erstes Kapitel
    1. Zur soziologischen Verortung von Translation 19
      1. 1. Wissenschaft und Gesellschaft im Kontext von Translation 19
      2. 2. Translationswissenschaft : »going social« ? 22
  4. Zweites Kapitel
    1. K.(u.)k. »going postcolonial« 25
      1. 1. Die Verortung der »habsburgischen Kultur« 25
      2. 2. Der »cultural turn« und seine Folgen 35
      3. 3. Übersetzung als Beitrag zur Konstruktion von Kulturen 40
      4. 4. Das Konzept der »kulturellen Übersetzung« 45
      5. 5. Der Versuch einer Übersetzungstypologie 54
    2. »Polykulturelle Kommunikation und Translation« 54
    3. »Transkulturelle Translation« 58
  5. Drittes Kapitel
    1. Das habsburgische Babylon 62
      1. 1. Die kakanische Variante der Multikulturalismus­ Debatte 62
      2. 2. Zählt der Staat Häupter oder Zungen ? 67
      3. 3. Sprachpolitik zur »Annäherung der Volksstämme« 73
      4. 4. Die »Vielsprecherei« auf dem Buchmarkt 77
  6. Viertes Kapitel
    1. Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
      1. 1. »Polykulturelle Kommunikation« 87
    2. »Habitualisiertes Übersetzen« 90
    3. »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
      1. 2. »Polykulturelle Translation« 119
    4. Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
    5. Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
    6. Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
    7. Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
    8. Kriegsministerium 165
      1. 3. Die Ausbildung von Dragomanen 179
      2. 4. Der kulturkonstruierende Beitrag der Translationspraxis 188
  7. Fünftes Kapitel
    1. Theoretischer Aufriss eines habsburgischen »Übersetzungsraumes« 194
  8. Sechstes Kapitel
    1. »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
      1. 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
      2. 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
    2. Positionierungskämpfen 208
  9. Siebtes Kapitel
    1. Der »Nutzen fürs geistige Leben« : Übersetzungspolitik in der Habsburgermonarchie 216
      1. 1. Regelnde Faktoren einer Übersetzungspolitik 217
    2. Zensur 218
    3. Urheberrechtsfrage 220
    4. Konzessionspflicht 221
      1. 2. Staatliche Kultur­ und Literaturförderung 222
      2. 3. Literaturpreise 225
  10. Achtes Kapitel
    1. »Übersetzen am laufenden Band«. Eine Übersetzungsstatistik 236
      1. 1. Einzeldaten der Übersetzungsbibliografien 240
    2. »Polykulturelle Translation« 240
    3. »Transkulturelle Translation« 243
      1. 2. Gesamtauswertungen 246
      2. 3. Übersetzen zwischen Sucht und Entwöhnung 257
  11. Neuntes Kapitel
    1. Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen 263
      1. 1. Österreichisch­ italienische Wahrnehmungen 266
      2. 2. Italienische Übersetzungen im deutschsprachigen Raum 281
      3. 3. Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 298
    2. Soziale Felder und ihre Funktionsregeln 299
    3. Die Dynamisierung der bourdieuschen Felder 303
    4. Paratexte – das »Beiwerk des Buches« 308
    5. Der habsburgische Vermittlungsraum 336
  12. 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
    1. Vermittlungsraumes« 359
  13. Zehntes Kapitel
    1. Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
    2. Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
    3. Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
    4. Tabellen 392
    5. Grafiken 393
    6. Abkürzungen 393
    7. Literaturverzeichnis 394
    8. Quellen 394
    9. Sekundärliteratur 396
    10. Sachregister 434
    11. Personenregister 437
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