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Staatliche Kultur- und Literaturförderung 223
bereich : Dient Kulturpolitik eher der Kontrolle vonseiten des Staates bzw. einer
Institution anhand von Interventionen in den Kulturbetrieb mittels Gesetzge
bungen und anderen steuernden Maßnahmen oder verfolgt sie vielmehr den
Zweck der Förderung kultureller Produktion – wobei die Grenzen zwischen
diesen beiden Funktionen mitunter fließend sein können ? Die sich im Zuge der
Ausformung einer (literarisch )kulturellen Öffentlichkeit sowie eines kulturel
len Marktes entwickelnde Kunst bzw. Literaturförderung ist im Kontext der
Habsburgermonarchie bisher nicht zur Gänze aufgearbeitet. Es kann jedenfalls
davon ausgegangen werden, dass der Reichtum der Monarchie spätestens seit
dem 17. Jahrhundert eine großzügige Kunst und Kulturförderung ermöglichte
(vgl. Mokre 2006).194 In dem im Jahr 1848 gegründeten »Ministerium für Cul
tus und Unterricht« spielten Kunst , Musik und Literaturangelegenheiten nur
eine untergeordnete Rolle ; außerdem lagen viele der Einrichtungen auf diesem
Gebiete in privater Hand oder oblagen dem Wirkungsbereich von Gemeinden.
Die Hofoper oder das Hofburgtheater, wo zahlreiche übersetzte Werke zum
Einsatz kamen, fielen ebenso nicht in das Ressort des Ministeriums.
Was die Institutionalisierung einer staatlich gelenkten Literaturförderung
betrifft, so nahm diese im Jahr 1863 ihren Anfang. Zunächst wurde damit im
Unterrichtsministerium eine »Kunstabteilung« befasst, welche sich allmählich
mit der sich ergebenden Steigerung der Agenden und Erhöhung der zur Kunst
förderung zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel zu einer Kunstsektion
mit mehreren Abteilungen, darunter einer eigenen für Musik und Literatur,
ausweitete. Dem Unterrichtsministerium stand ab 1867 als beratendes Organ
für Kunstangelegenheiten eine ständige Kommission zur Seite, die sich aus
Künstlern, Wissenschaftlern und Beamten zusammensetzte (Fischinger 2001 :
26, 53f.). Dem spezifischen Bereich der Literaturförderung lag die Überlegung
zugrunde, dass Dichtkunst nicht zu erlernen sei und deshalb nur durch eine Art
von Mäzenatentum gefördert werden könne ; dementsprechend konzentrierte
man sich zunächst auf die individuelle Förderung junger Talente (Kobald 1948 :
295). Maßnahmen zur Förderung waren die Ausschreibung von Stipendien
und Staatspreisen, die Bewilligung von einmaligen und laufenden Ehrengaben
(»Dichterpensionen«), Weihnachtshilfen an notleidende Dichter, Druckkosten
beiträge u.a.m. Im weiteren Verlauf weitete sich die individuelle Förderung auf
die institutionelle aus, indem literarische Vereine und Gesellschaften wie der
Wiener Goethe-Verein, die Grillparzer-Gesellschaft, der Literarische Verein in Wien
194 Vgl. zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der habsburgischen Kulturpolitik Wimmer
(2006).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437