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Literaturpreise 233
sinnung.202 Gerade im Falle Hausers ist anzunehmen, dass seine herausragende
Präsenz im übersetzerischen Geschehen bei den Erwägungen zu seiner Preis
verleihung zumindest »mitgedacht« wurden.
Eine ausnehmend produktive Übersetzerin war ferner Isolde Kurz (1853–
1944), die sich durch eine stattliche Anzahl von Übersetzungen vor allem aus
dem Italienischen auszeichnete und auch als Lyrikerin große Erfolge feierte.
Sie erhielt 1911 den Preis des Ebner-Eschenbach-Fonds, der 1910 zum siebzigs
ten Geburtstag der Schriftstellerin ins Leben gerufen worden war und nur an
Frauen vergeben wurde (Gabriel 2000 : 725).
Auch unter den Jurymitgliedern fanden sich Übersetzer, wie Alfred von
Berger (1853–1912), Professor für Ästhetik an der Universität Wien, Direktor
des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg sowie des Wiener Burgtheaters,
Dramaturg und Herausgeber der Österreichischen Rundschau ; Berger übersetzte
unter anderem aus dem Italienischen wie z. B. das dramatische Gedicht Eine
Schachpartie von Giuseppe Giacosa (1888). Berger war nicht nur Kurator des
Bauernfeldpreises, sondern wirkte auch als Mitglied anderer Jurys wie etwa des
Grillparzer Preises203 und des Raimund Preises204 oder des in Berlin angesie
delten Volks Schillerpreises (vgl. Knöfler 2000 : 274ff.) ; ab 1894 war er auch
Mitglied der Expertenkommission des Unterrichtsministeriums »Commission
für Poësie«, die alljährlich die Ansuchen von SchriftstellerInnen für die Vergabe
von Stipendien beurteilte (Fischinger 2001 : 56). Diese sich im »Preisrichtern«
manifestierenden Polyfunktionen können als der Kristallisationspunkt seiner
vielfachen literaturmittlerischen Tätigkeiten interpretiert werden. Auch Max
Kalbeck (1850–1921) kann als Multifunktionär im klassischen Sinn betrachtet
werden : Als Kunst und Musikkritiker (Verfasser einer bedeutenden Brahms
biografie), Redakteur in der Neuen Freien Presse und im Neuen Wiener Tagblatt
und Übersetzer zahlreicher Operndichtungen war er ein kompetentes Mitglied
mehrerer Preisjurys (Bauernfeldpreis und Raimund Preis).
Dieser kurze Blick auf die Tätigkeiten von SchriftstellerInnen, die auch als
ÜbersetzerInnen tätig waren und als solche hohe Anerkennung im literarischen
202 Vgl. im Detail van Uffelen (1995 : 178), der in diesem Aufsatz auch auf die Probleme Hausers mit
holländischen Verlagen bzw. mit holländischen Kritikern eingeht.
203 Zu Einzelheiten des Grillparzer Preises vgl. Bettelheim (1924).
204 Der Raimund Preis (vgl. Pichler 1967 : 10f.) wurde an keine Schriftsteller vergeben, die zusätz
lich als Übersetzer tätig waren. Vgl. im Detail zum Raimund Preis auch Knöfler (2000 : 269f.).
Das Gleiche gilt in Angelegenheit der SchriftstellerInnen auch für den Schillerpreis, jedoch ge
hörte seiner Jury über einige Jahre hinweg Paul Heyse an. Auch der Euripides Übersetzer Ulrich
von Wilamowitz Moellendorf war Mitglied dieser Jury (vgl. Knöfler 2000 : 304f.).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437