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304 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
In dieser Begegnung, die zur Veränderung aller Beteiligten sowie zu Neupo
sitionierungen führt, die keine Rückführung auf das Vorhergehende zulassen
(vgl. Suppanz 2003 : 23), spiegelt sich auch der temporäre Charakter des Wir
kens der beteiligten Akteurinnen und Akteure : Diese treten, wie in den obigen
Überlegungen zum »Vermittlungsraum« bereits angedacht, stets nur vorüberge
hend auf, als »InformantInnen« oder ÜbersetzerInnen qua VermittlerInnen im
engeren Sinn, die eben nicht um dauerhafte Positionen kämpfen, sondern nach
vollbrachter Interaktion das »Feld räumen« und andere Betätigungsbereiche,
zuweilen im Schnittpunktbereich anderer Felder, suchen. Für eine Konzeptu
alisierung des Vermittlungsraumes auf der Basis des Dritten Raum Konzepts
erforderliche weitere Merkmale sind neben seiner Situierung in einer Zone des
Übergangs und dem temporären Charakter seines Bestehens in der Prozesshaf
tigkeit der beiden Denkfiguren zu finden. Darin überschneiden sie sich zwar mit
einem grundsätzlichen Kennzeichen des bourdieuschen Feldes, doch ist diesem,
wie erwähnt, nicht oder nur unzureichend das Moment des Transfers in seine
Prozessualität eingeschrieben.
Das Kontinuum an Bewegung evoziert die Neukontextualisierung von Zei
chen – und ist vice versa durch diese gegeben – und involviert im gemeinsamen
Aktionsraum die beteiligten AkteurInnen im Kontext ihrer Erfahrungshinter
gründe in einen Verhandlungsprozess. Das Konzept des Aushandelns sollte
jedoch nicht mit dem Anspruch auf grenzenlose Produktivität überstrapaziert
werden (vgl. Bachmann Medick 1999 : 525). Gerade an den Handlungen der
zentralen Figuren der VermittlerInnen ist in diesem Aushandlungsprozess viel
mehr der Erkenntnisgewinn der Denkfigur des Vermittlungsraumes deutlich
wahrzunehmen : Sie treffen sich, um einander zu »übersetzen« und sind als
hybride Subjekte an kulturellen Knotenpunkten angesiedelt, die einen Prozess
des Austauschs der einzelnen Elemente, die aus dieser Verknüpfung resultieren,
voraussetzen und gleichzeitig offen lassen. Als ProtagonistInnen des »Aushan
delns« sind sie die wesentlichen Figuren für den Anstoß zu Veränderungen ihres
Umfeldes und damit der Felder, mit denen sie im Rahmen ihres Handelns im
Vermittlungsraum in Berührung stehen.
Als heuristisches Konzept ist der Vermittlungsraum ebenso wie der Dritte
Raum im Da Zwischen gelagert und interagiert mit den ihn umgebenden Fel
dern. Als solcher fordert er den Begriff des »Übersetzungsfeldes« heraus. In der
translationswissenschaftlichen Literatur ist im Kontext der bourdieuschen Feld
theorie mehrmals die Konzeptualisierung eines »Übersetzungsfeldes« angedacht
worden – sind ÜbersetzerInnen doch par excellence VermittlerInnen zwischen
verschiedenen Feldern. Wie bereits aufgezeigt, sind die von Bourdieu entwickel
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437