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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 305
ten Funktionsregeln der sozialen Felder für die Skizzierung kultureller Transfers
nicht ausreichend. Daniel Simeoni etwa thematisiert zwar im Rahmen seiner
Auseinandersetzung mit dem übersetzerischen Habitus nicht explizit den der
Übersetzung eingeschriebenen Transferaspekt, merkt jedoch an, dass die Her
ausbildung eines »translational field« vorrangig aufgrund des submissiven Ver
haltens von ÜbersetzerInnen, das er in historischer Sicht empirisch nachzuwei
sen sucht, und der folgerichtig erschwert möglichen positionellen Verankerung
der AkteurInnen im Feld nur unter Vorbehalten möglich ist : »The pseudo or
would be field of translation is much less organized than the literary field, its
structuring being far more heteronomous for reasons having much to do with
the ingrained subservience of the translator […]« (Simeoni 1998 : 19). Ohne
eine weitere Skizzierung dieses »Pseudo Übersetzungsfeldes« vorzunehmen,
führt der Autor weiter aus :
As long as this assumption holds, it will be difficult to envisage actual products of
translation as anything more than the results of diversely distributed social habi
tuses or, specific habituses governed by the rules pertaining to the field in which the
translation takes place. (Ibid.: Hervorh. i. O.)
Der Übersetzungsvorgang findet also – bestimmt durch verschiedene Habitus
formen – nach Simeoni jeweils in einem anderen Feld statt, das dementspre
chenden Veränderungen unterworfen ist : »The translator may […] want to move
to another field. The field will also change under different circumstances« (ibid.:
31). Auf den hier implizit angesprochenen temporären Charakter eines »(Über
setzungs )Feldes« rekurriert auch Jean Marc Gouanvic, der zunächst, ebenso
wie Simeoni, auf die verschiedenen Felder verweist, in denen Übersetzungen
stattfinden können (literarisches Feld, wissenschaftliches Feld, adminstratives
Feld etc.), um in weiterer Folge festzustellen, dass diese Felder nicht unbedingt
in der Zielkultur zum Zeitpunkt der Übersetzung bereits existent sein müs
sen : Damit meint Gouanvic jedoch nicht, dass die Entscheidung der am Über
setzungsprozess beteiligten AkteurInnen, eine Translation vorzunehmen, bzw.
die Durchführung dieser Entscheidung in einem wie immer gearteten neu zu
schaffenden »Übersetzungsfeld« stattfindet, sondern dass durch die Überset
zung bestimmter Texte ein neues Feld geschaffen werden kann, das wiederum
nach den bourdieuschen Existenzbedingungen sozialer Felder strukturiert ist.
Die Konzeptualisierung eines eigenen »Übersetzungsfeldes« sieht Gouanvic als
nicht möglich an :
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437