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332 Der Vermittlungsraum italienischer Übersetzungen
rokkos« durch einen westlich dominierten Diskurs reflektiert nicht zuletzt eine
stereotypisierte Sicht, die »eine Art der westlichen Projektion auf den Orient und
den Willen, über den Orient zu herrschen« (Said 1981 : 86) zum Ausdruck bringt.
Der sich aus den Vorworten ableitende übersetzerische Habitus lässt einige
Tendenzen erkennen, die zum einen für die Sicht von Übersetzerinnen und Über
setzern im untersuchten Zeitraum Aufschluss geben können und zum anderen
den Beitrag dieses Habitus für die Konstruktion bestimmter Bilder durch die
mittlerische Tätigkeit von TranslatorInnen freilegen. Die von Simeoni postulierte
und für die translatorische Tätigkeit kennzeichnende »Unterwürfigkeit« (Simeoni
1998), die vor allem durch originalnahes Übersetzen und dessen Rechtfertigung
in Paratexten zum Ausdruck kommt und das Übersetzen zu einer sekundären Tä
tigkeit stempelt, ist nach wie vor in weiten Teilen der Vorworte vorhanden, wenn
auch nicht immer in expliziter Form. Dennoch sind, wie gezeigt wurde, viele An
zeichen einer gewissen translatorischen »Emanzipierung« zu bemerken, die sich
in unterschiedlicher Form äußert. Zunächst ist ein vor allem ab den Achtzigerjah
ren des 19. Jahrhunderts selbstbewussteres Auftreten der ÜbersetzerInnen in den
Vorworten zu verzeichnen, das durch zunehmenden Einfluss in der Selektion von
Texten zum Ausdruck kommt und seine Ursache unter anderem im vermehrten
Einsatz von kulturellem Kapital vonseiten der TranslatorInnen, vor allem durch
das Aufzeigen von Fachwissen, hat. Ein weiterer Ausdruck für einen sich wan
delnden übersetzerischen Habitus sind verstärkte Legitimationsbemühungen der
ÜbersetzerInnen im Feld, die sich auf verschiedenen Ebenen äußern, wie etwa
im Aufzeigen sozialer Netze, in der Nennung kanonisierter Autoritäten oder im
Ringen um Anerkennung beim qualifizierten (Fach )Publikum, und die sich so
mit durch symbolisches Kapital manifestieren. Steuernde Eingriffe in den Text
vonseiten der ÜbersetzerInnen in zum Teil autonom vorgetragener Form tragen
ebenso zu der Erkenntnis bei, dass es um den translatorischen Habitus besser
bestellt sei als noch einige Jahrzehnte davor, wie auch die verschiedenen argumen
tativen Strategien in der Konstruktion des Bildes vom »Anderen«.
Motto
Ein Motto ist ein Zitat, das entweder dem Vorwort oder dem Text (bzw. ei
nem Textabschnitt) vorangestellt ist, in manchen Fällen kann es auch auf dem
Titelblatt platziert sein. Es ist zumeist allograph (also nicht vom Autor/der
Autor oder dem Übersetzer/der Übersetzerin verfasst) und dient vorrangig der
Kommentierung des Textes, dessen Bedeutung so indirekt präzisiert werden
soll. Als »stumme Geste« bleibt seine Interpretation jedoch immer dem Leser/
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437