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Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 351
Literarische Agenturen gelten als Vermittlerinnen par excellence. Ihre Rolle
für das Phänomen der Übersetzung nachzuzeichnen, ist in historischer Sicht
nicht einfach, da zu ihrer detaillierten Tätigkeit Aufzeichnungen fehlen, doch
ist festzustellen, dass sie bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen festen
Platz im Literaturbetrieb einnahmen und als solche zu wichtigen AkteurIn
nen auch im Vermittlungsfeld gezählt werden können. Andreas Graf stellt in
seiner Studie zu Literaturagenturen in Deutschland fest, dass zwischen 1868
und 1915 insgesamt 205 Agenturen gegründet wurden, davon acht in Wien
und eine in Budapest (Graf 1998 : B 178f.). Die erste österreichische Agentur
wurde laut Graf, der sich als Quelle Kürschner’s Literatur-Kalender bedient, 1872
von A.F. Heksch gegründet und nannte sich »Korrespondenz und Ueberset
zungsbureau«. In Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, der für die Unter
suchung der Wiener Übersetzungsbüros ausgewertet wurde, scheint dieses Büro
in diesem Jahr noch nicht auf ; Heksch inserierte dort zum ersten Mal 1876
(lediglich mit »Ungarisch«), sein erstes Büroinserat ist im Jahr 1881 zu finden :
»Uebersetzungs Bureau für ung., franz., ital. Sprache, zugleich Redaction und
Administration des ›Illustrirten Führer auf d. Donau‹« (Lehmanns Allgemeiner
Wohnungs-Anzeiger 1881 : 1220). Im Jahr 1882 scheinen zusätzlich Serbokro
atisch und Rumänisch als Sprachen auf, aus denen übersetzt wird, und auch
die Büro Adresse ist ab 1882 eine andere. 1885 schließlich werden als weitere
Sprachen Englisch, Polnisch und Russisch angegeben, und auch die Adresse
hat sich wiederum geändert. Alexander F. Heksch ist im Jahr 1885 im Alter
von nur 39 Jahren verstorben. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen geht nicht
hervor, dass er auch als Literaturagent gearbeitet hat ; die Angabe aus Kürschner’s
Literatur-Kalender kann somit nicht bestätigt werden.283 Doch ist mit der Auf
nahme von Hekschs Büro in die Liste der Literaturagenturen bewiesen, wie eng
die Verknüpfung von literarischer Vermittlung im Sinne von Agenturen und
von Übersetzung im engeren Sinn ist. Tabelle 26 listet die in Graf angeführten
Agenturen auf.
283 Heksch gab des Weiteren in Preßburg ein (nur sehr kurzlebiges) politisches Tagblatt heraus, Der
Wanderer (13. Sept.–22. Sept. 1878) und war Verfasser mehrerer Reiseführer durch ungarische
Badekurorte. Sein bekanntestes Buch ist Die Donau von ihrem Ursprung bis an die Mündung. Eine
Schilderung von Land und Leuten des Donaugebietes, das 1881 in Wien bei Hartleben herauskam.
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437