Seite - 357 - in Die vielsprachige Seele Kakaniens - Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Bild der Seite - 357 -
Text der Seite - 357 -
Die Metamorphosen des »Übersetzungsfeldes« 357
Werken vorliegt. Dies kann als ein weiteres Indiz dafür interpretiert werden,
dass in der Habsburgermonarchie offensichtlich – verglichen mit den »deut
schen« Nachbarn, wo eine Vielzahl an Anthologien für diesen Zeitraum vorliegt
– VermittlerInnenfiguren nur in geringfügigem Ausmaß am Werk waren, und
dass die österreichischen Verlage in nur unzureichendem Maß über eine Über
setzungspolitik verfügten.
Letztgenanntes Argument kann für Schriftenreihen in österreichischen Ver
lagen nicht herangezogen werden. Christina Ruland stellt in ihrer Dissertation
Österreichische Verlagsreihen im 19. Jahrhundert (Ruland 1998) fest, dass es in die
sem Zeitraum insgesamt 109 solcher Reihen gegeben hatte,287 von denen aller
dings viele nur von kurzer Dauer waren. Sie entstanden im Zuge eines Wandels
im Lesekonsum, als religiöse Literatur vor allem in Form von Erbauungsschrif
ten langsam der Unterhaltungsliteratur wich, was sich in den Inhalten der Rei
hen nachvollziehen lässt, die sich zum Großteil auf belletristisch literarische
Werke konzentrierten, deren gesamte Palette jedoch von populärwissenschaft
lichen Publikationen bis zu »praktischen« Werken (Beruf, Sport, Reise etc.)
reichte. Als bedeutendstes Übersetzungsprojekt könnte die Reihe Belletristisches
Lese-Cabinet der neuesten und besten Romane aller Nationen in sorgfältigen Über-
setzungen bei Hartleben genannt werden, in der zwischen 1846 und 1879 1.008
Übersetzungen vorwiegend französischer Romane publiziert wurden (Bach
leitner 2000 : 323).288 In dieser Reihe erschienen insgesamt sieben italienische
Übersetzungen – ganze 0,7 % der gesamten Übersetzungen aus dem Italieni
schen zwischen 1848 und 1918. Diese geringe Zahl dürfte unter anderem auf
die Tatsache zurückzuführen sein, dass die Übersetzungsproduktion aus dem
Italienischen vorwiegend aus genannten politischen Gründen erst in den Acht
zigerjahren des 19. Jahrhunderts verstärkt einsetzte und es des Weiteren, wie
ebenfalls erwähnt, keine italienspezifische Übersetzungspolitik gegeben hatte,
wie dies hingegen für Übersetzungen aus dem Französischen (siehe das zuletzt
genannte Beispiel von Hartleben) der Fall war.
287 Eine Statistik für das Deutsche Reich gibt für das Jahr 1912 die Gesamtzahl von 1.773 Buch
reihen an (Wittmann 1999 : 296).
288 Ab 1853 nannte sich die Reihe Neues belletristisches Lese-Cabinet der neuesten und vorzüglichsten
Romane aller Nationen in sorgfältiger Übersetzung, zwischen 1858 und 1878 Neuestes belletristi-
sches Lese-Cabinet der besten und interessantesten Romane aller Nationen in sorgfältiger Übersetzung.
Von 1892 bis 1899 existierte überdies eine Reihe mit der Bezeichnung Collection Hartleben. Eine
Auswahl der vorzüglichsten Romane aller Nationen, die in diesen Jahren 208 Bände herausbrachte
(Bruny 1995 : 85f.).
Die vielsprachige Seele Kakaniens
Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die vielsprachige Seele Kakaniens
- Untertitel
- Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918
- Autor
- Michaela Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78829-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 442
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Dankesworte 11
- Einleitung 13
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel
- Drittes Kapitel
- Viertes Kapitel
- Die translatorische Praxis in der »großartigen Versuchsstation« der Habsburgermonarchie 87
- »Habitualisiertes Übersetzen« 90
- »Institutionalisiertes Übersetzen« 103
- Kontakt zwischen Behörden und Parteien 120
- Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht 128
- Die Übersetzung von Gesetzestexten 142
- Translationstätigkeit im Ministerium des Äußern und im
- Kriegsministerium 165
- Fünftes Kapitel
- Sechstes Kapitel
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- 1. Institutionalisierungstendenzen privater Übersetzung 202
- 2. Der private Übersetzungssektor als Schauplatz von
- Positionierungskämpfen 208
- »Prompt, zu jeder Tageszeit« : der private Übersetzungssektor 202
- Siebtes Kapitel
- Achtes Kapitel
- Neuntes Kapitel
- 4. Folgerungen aus der Rekonstruktion des »translatorischen
- Zehntes Kapitel
- Der Vielvölkerstaat als Interaktionsfeld von Übersetzungsleistungen – Schlussbetrachtungen 362
- Verzeichnis der in der Habsburgermonarchie erschienenen Übersetzungen Italienisch – Deutsch 1848–1918 378
- Verzeichnis der Tabellen, Grafiken und Abkürzungen 392
- Tabellen 392
- Grafiken 393
- Abkürzungen 393
- Literaturverzeichnis 394
- Quellen 394
- Sekundärliteratur 396
- Sachregister 434
- Personenregister 437