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Anhang zur dritten Periode. »73
andere Länder, und das entvölkerte Böhmen erhielt an den von Osten
her einwandernden Slawischen Stämmen neue Bewohner.
Der Stamm der Czechen, verwandt mit dem in Meißen vordrin,
genden Slawischen Stamme der Sorben, setzte sich seit 534 nach Christo
in Böhmen fest, und vermischte sich allmählich mit den dort zurück ge-
bliebenen Deutschen. Die Czechen hatten zur Zeit ihrer Einwanderung
eine patriarchalische Verfassung, und entrichteten Anfangs den Franken
Tribut für den ruhigen Besitz ihres Landes. Da brachen die gewaltigen
Avareu herein, und zwangen ihnen (596) ihr hartes Joch auf; aber
Samo, der Hermann der Slawen, befreite, vertheidigte und lenkte
sie durch 34 Jahre (bis 630). Später behauptete Kro k, vielleicht einer
aus S am o's zahlreichen Söhnen, unter seinen Landsleuten richterliches
Ansehen, welches nach seinem Tode auf seine Tochter Libussa, eine
durch hohen Geist und ungemeine Kenntnisse ausgezeichnete, und deßhalb
für eine Seherin gehaltene Fürstin, überging. Nachdem Libussa einige
Zeit in Glück und Frieden regiert hatte, begab es sich, daß sie in einem
Rechtshandel zwischen zwei der ersten Wladiken gegen den mächtigeren
entscheiden mußte. Der schmähte die Fürstin öffentlich, unddrohteRache.
Nun empfand Libussa, sie könne nur unter dem Schirme männlicher
Kraft gewaltige Männer beherrschen. Sie wählte aus eigenen, Antriebe
einen Gemahl und Mitregenten, den edlen Przemysl (Primislaus),
Herrn des Gutes Staditz.
Die Gesandten, welche ihm der Fürstin Willen verkündigten, trafen lhn
außer seinem Dorfe hinter dem Pfluge, von dem auch dieLonsuln dei alten
Roms weggehohlt wurden zum Rathe oder zum Siege.
Przemysl cmpsing hierauf, im Schlosse Wissehrad (bei Prag),
als Woywod (Herzog) die Huldigung der Böhmen, führte eine geord«
nete Regierung ein, gab dem Volke mildere Sitten und die ersten Ge:
setze, die noch lange nach ihm befolgt wurden. Mit Libussa legte er
den Grund zur Erbauung der Hauptstadt Prag (der Kleinseite), wo er
regierte, und der Stifter einer lange herrschenden Dynastie wurde (von
722 bis 4306).
Bevor die Fabelzeit gänzlich schloß, sollten wir darin auch in Böhmen, wie
einst in Afrika, am Thermodon und in den Scythischen Wildnissen, noch
Amazonen und eine Myrina und Penthesilea an ihrer Spitze sehen, Es
war die Böhmische Jungfrau Wlasta, Libussa's Vertraute, die Erbin
ihrer Kühnheit und ihrer Waffcnkunde, zugleich aber auch, nach der Mei-
nung dcs Volkes, in Zauberkünsten erfahren. Wlasta hatte durch Li-
bussa's Tod wohl den Ginfluß verloren, aber nicht die Begierde darnach.
Sie, die dem Herrscherstuhle nahe gestanden war, hielt es in ihrem Wahne
für schimpflich, jetzt plötzlich einem Manne zu gehorchen, dem sie an Muth
und Kraft gleich z» seyn vermeinte. Sie sammelte die Weiber, damahls
alle, nach Sarmatischer und insbesondere nach der kriegerischen üibussa
Sitte, in den Waffen geübt. Sie beschlossen die Frauenherrschaft über
Böhmen, und den Tod aller wehrfähigen Männer. Im Schlafe wurden
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494