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Vierte Periode l522 — 1740.
Aufforderung, sich v°n der geistlichen Herrschaft loi zu machen, wurde auch
hier von den Bauern in dem Sinne genommen, als brauchten sie ihren geist:
lichen Gutsherren, den Bischöfen, Acbtcn, Pröpsten, Pfarrern, keine Zin-
sen , Zehnten, Pachtgelder mehr zu entrichten, und solche Freiheiten wurden
auch bald iiber die weltlichen Gutsherren ausgedehnt. Am ersten Tage des
Jahres 1525 standen die Bauern des Abtes von Kcmpten auf. Ihnen folg-
ten die Unterthanen anderer Aebte und mehrerer Bischöfe. Bald wuchsen
die kleinen Rotten zu großen Heeren an, und bekamen geübte Anführer. Es
erschien eine Art von Manifest der Bauern, welches eine Aufzahlung ihrer
Forderungen enthielt, und von einem ihrer Prediger, die auf ihre Schritte
den größten Einfluß übten, aufgesetzt war. Sie forderten darin die Einfüh-
rung der lutherischen Lehre, das Recht, ihre Prediger selbst zu bestellen,
die gänzliche Abschaffung der Leibeigenschaft, die Verminderung der Abgaben,
die Freiheit dcs Holzschlages, der Wildbahn, des Fischfanges, überhaupt
die Aufhebung aller sogenannten Zwing und Banne. Da diese Forderungen
kein Gehör fanden, so schlug die Flamme dcs Aufruhrs imm« lichter empor.
Außer in Schwaben brach die Empörung auch in Franken aus, im Mainzi-
schen, in der Pfalz, im Bisthum Speier, im Elsaß bis nach Lothringen
hin, in Salzburg, Tirol, in der Steyermark und in Karnthen. Weit und
breit wurden Burgen, Klöster, Priestersitze geplündert und in Brand gesteckt.
Ein ruchloser und frecher Mensch, Namens Georg Metzler, früher
Schenkwirth, stand an der Spitze einiger Tausend Odenwäldischcr Bauern,
zu denen sich bald andere Haufen gesellten. Sie nahmen Wrinsberg, und
ermordeten die Besatzung von siebzig Rittern, die sie hier unter der Anfüh-
rung des Grafen Ludwig von Helfenstein fanden, auf die grau-
samste Weise. Der Graf und die Ritter wurden in einen Kreis gefühlt,
welchen die Bauern mit gezückten Spießen umstanden^ wohin sich die Un-
glücklichen wandten, fielen sie in die Spieße, bis sie, von tausend Stichen
durchbohrt, sanken. Vergebens wirf sich die Gemahlin dcs Grafen Hel-
fen st ein den Unmenschen zu Füßen, vergebens suchte sie durch das Empor-
halfen ihres zweijährigen Kindes zu rühren; sie und ihr Kind wurden gleich-
falls auf das ärgste gemißhandelt.
Durch die Nachricht von dieser Würgescene gerieth auch Luther in Schlecken,
und in der Schrift wider die räuberischen und mörderischen Bauern erklärte
er sie alle, die er noch kurz vorher seine lieben Freunde, ja seine Vrüberund
Herren genannt hatte, für Kinder des Teufels, und forderte die Fürsten auf,
sie ohne Erbarmen todt zu schlagen. — »Wir ernten jetzt« — entgegnete
ihm Erasmus non Rotterdam — «die Frucht deines Geistes. Du
erkennst die Aufrührer nicht an, sie aber erkennen dich an, und man weiß,^^
recht gut, daß viele, die mit dem Namen dcs Evangeliums prunken, An- /^
stifter des gräulichen Aufruhrs gewesen sind. Du hast zwar in dem höchst-'"/
grimmigen Büchlein nezen die Bauern dicsen Verdacht von dir gestoßen, aber/^
du widerlegst die Ueberzeugung nicht, daß durch die Bücher, welche du ge-
gen Bischöfe und Mönche ausgehen lassen, zumahl durch die Deutsch geschrie-
benen , zu diesem Unheil Anlaß gegeben worden ist,«
Endlich ging das Reichsheer, angeführt von dem Feldhauptmanne des Schwä-
bischen Bundes, Georg Truchseß von Wald bürg, mit Gewalt auf
die Rebellen los, und erschlug ihrer 20,U0l) in den Treffen bei Leipheim
(4. April 1525), bei Wurzach (14. April), bei Böblinaen (2. Mai), bei
Engclstadt (2, Juni) und bei Würzburg (4. Juni). Der Aufruhr ward
vor dem Schlüsse des Jahres 1525 in aÄcn Gegenden des südlichen Deutsch-
lands gedämpft. Man rechnet Hunderttausende, die in dieser Rebellion von
beiden Seiten das Leben verloren haben.
Nicht gewarnt durch zahllose Aufstände und die wildesten Gewalt-
thaten, traten allniählig auch mehrere Reichsfürsten zur Irrlehre Lu-
ther's über, während sich andere für die Meinungen Calvin's er-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494