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Vierte Periode t522--
an Mor iz abtrete». Seine Festungen Wittcnberg und Gotha mußte
rr dem Kaiser übergeben, der dcnHerzog Ernst von Braunschweig
in Freiheit setzte. Des Kaisers Gefangener sollte er bleiben, so lange es
dieser für die Ruhe Deutschlands nöthig finden würde. Seine Länder
sollten zwar gleichfalls dem Herzoge Mor iz überlasse» seyn; doch
sollte dieser den Kindern des Gefangenen ei» jährliches Einkommen von
50,000 Meißnischen Gulden daraus lassen, und ihnen dazu die Bezirke
von Weimar, Jena, Eisenach, Gotha und einige andere Gebiethe ein-
räumen. So ging also die Chur der älteren oder Erncstinischen
Linie mit dem größten Theile ihrer Besitzungen auf die lungere oder
Albert i nische über, welche noch heute in Sachsen regiert.
Einige Tage darauf stattete die Churfllrstin mit ihren Kindern und Frauen
-" ' " einen Besuch im kaiserlichen Lager ab, um ihren Gemahl zu sehen. Die Söhne
^««^ . des Römischen Königs führten sie in das Zelt des Kaisers. Sie wollte einen
<^' l ^v Fußfall thun, aber Carl hob sie auf, begegnete ihr mit ausgezeichneter
Milde, tröstete sie wegen ihres Unglückes, und bewilligte ihr jede Bitte, die
dem Vertrage nicht zuwider war. Er erlaubte sogar, daß der Churfürst acht
Hage auf dem Schlosse zu Wiltenberg mit den Seinen zubringen durste. Er
selbst erwiederte d«n Besuch der Churfürstin, und sagte ihr so viel Tröstliches,
als die eingetretenen Verhältnisse nur erlaubten. Auch ward Johann
Friedrich während der ganzen Gefangenschaft von seinen eigenen Leuten
bedient, und so wohl gehalten, daß er selbst einmahl s.igte: «Meine Freunde
haben mich verlassen, aber mcine Feinde thun mir alles Gute!«
Mit Schrecken betrachtete der Landgraf Ph i l i pp von Hessen,
Vater der Gemahlin Mor izens , Agnes, das an seinem Bundes-
bruder vollzogene Beispiel. Um wenigstens sein Land seinen Söhnen zu
erhalten, eilte er nach Halle, wo er sich dem Kaiser zu Gnade und Un-
gnade ergab.
Am 49. Juni l54? ging die Audienz vor sich. In einem großen Saale,
in der sogenannten Residenz, saß Carl V. auf einem Throne, und rings
um ihn standen viele Deutsche, Spanische und Italienische Fürsten und
Edelleute, unter diesen auch der Herzog Heinrich von Braunschweig,
dem der Tag von Mühlberg sein Land und seine Freiheit wieder gegeben hatte.
Jetzt öffnete sich di^ Thür, und der Landgraf, geführt von den Churfürsten
Moriz und Joachim, und begleitet von seinem Kanzler, trat herein.
Mit niedergeschlagenen Blicken kniete er am Fuße des Thrones nieder, und
sein Kanzler, der binter ihm kniete, las eine Abbitte in seinem Namen ab.
Es hieß darin, daß ihm sein Vergehen von Herzen leid sey , daß er sich dem
Kaiser zu Gnade und Ungnade ergebe, und ihn um Gottes und seincrBarm-
Herzigkeit willen bitte, er wolle ihm das Vergangene allergnädigst verzeihen;
daß er bereit sey, den Kaiser als seinen einigen, rechten, von Gott geord-
neten Oberherrn zu ehren, und ihm gehorsam zu seyn. Als der Kanzler fer-
tig war, las der Reichs-Vice-Kanzler Seld die Antwort vor. Obgleich
der Landgraf, hieß es darin, wie er selbst bekenne, die schwerste Strafe
»erdient hatte, so wolle dennoch der Kaiser, in Betracht einiger für ihn ein-
gelegten Fürbitten die Achtserklärung aufheben, und ihm die Lebensstrafe,
die er für seine Rebellion wohl verdient hätte, erlassen. Seit dem mußte
Phi l ipp dem Kaiser als Gefangener folgen. Daß Carl gelobt habe,
den Landgrafen nicht in einiger Gefängniß zu halten, i» der Folge aber
dieses Wort habe ändern, und statt dessen: «nicht in ew ige r Gefängniß«
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494