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Vierte Periode l522 —l?40. 23?
Religionszwiespalt zu enden. Darum bot er die Hände zu einem Ver-
trage mit deu Abtrünnigen, zu dessen Abschließung auch die Gefahren
aufforderten, mit denen Türken und Franzosen die Staaten des Kaisers
und seines Bruders bedrohten. Von Innsbruck war der Churfürst von
Sachsen nach Passau geschifft, wo er mit König Ferd inandI . den
Religionsfrieden verabredete. Die Häupter des Schmalkaldischeu Vun-
des, Johann Friedrich und Phi l ipp, wurden aus der Gefan«
genschast entlassen; den Protestanten wurde völlige Kirchenfreiheit zuge-
sichert ; dagegen aber wurde den Katholiken der Besitz der Kirchengüter,
welche noch nicht säcularisirt waren, durch den geistlichen Vorbehalt
(roservntum eoole8i»8tioiim) gesichert, und allen Religionsparteicn das
Auswanderungsrecht vorbehalten. Dieser Passaucr - Vertrag wurde
1555 auf dem Reichstage zu Augsburg, unter dem Namen des Rel i -
gion s fr i e d e n s, als ein Reichsgesetz bekannt gemacht. ^
Der Churfürst Moriz von Sachsen erlebte die Bekanntmachung dieses
Friedens nicht. Er wurde bei Sicuershausen auf der Lüneburger Heide, im
Kampfe gegen seinen ehemaligen Bundesgenossen, den Markgrafen Albrecht
von Brandenburg, tödnich verwundet (9. Juli l553), und hauchte zwei
Tage darauf seine Seele aus, im zwei und dreißigsten Lebensjahre. Als
Car l V. die Nachricht dieses Todes vernahm, rief er mit David's Wor-
ten schmerzlich aus: «O Absolon, Abftlon, mein Sohn!«
Nachdem Carl V. auch für seine Spanischen Grbstaatcn folgen«
reich gewirkt, und namentlich Italien nach achtzehnjährigen Kämpfe»
von der Französischen Herrschaft befreit hatte, bestärkte ihn eine anhal-
tende gichtische Krankheit in dem Gedanken, sich, wie einst Diocle-
t ian gethan, in die Dunkelheit des Privatlebens zurückzuziehen. Im
Herbste 1555 führte er den Entschluß, aller irdischen Hoheit zu entsagen,
um sich für ein besseres Leben vorzubereiten, wirklich aus. Er ließ sei-
nen einzigen Sohn Phi l ipp nach Brüssel kommen, und vollzog am
25. October die feierliche Abtretung der Niederlande.
In einem groß?» Saale, worin die Niederländischen Stände und viele Per-
sonen vom höchsten Adel versammelt waren, saß Carl auf einem Lehnstuhle.
Neben ihm standen ftine Schwester Mar ia , die Statthaltcrin der Nieder-
lande, und scin Sohn Ph i l i pp , der damahls als Gemahl der Königin
Maria den Tittl eines Königs von England führte, und dem Car l bei
Gelegenheit dieser Vermählung schon das Königreich Neapel überlassen hatte.
Einer von Carl's Räthen verlas eine Urkunde, kraft deren der Kaiser die
Niederlande seinem Sohne abtrat, und sodann erhob sich der kranke Monarch
selbst von seinem Sessel, und hielt, gestützt auf die Schultern des Prinzen
von Oranien, eine Rede, bei deren Anhörung die ganze Versammlung
in Thränen schmolz. Er sagte darin mit Würde, wie er seit seinem siebzehn»
tcn Jahre alle Gedanken allein auf die ruhmvolle Regierung so vieler ihm
anvertrauten Reiche gerichtet, wie wenig Zeit zur Muße er übrig gehabt,
und wie noch weit weniger «rauf seine persönlichen Vergnügungen gewendet
habe. Unablässig habe er überall mit eigenen Augen zu sehen gesucht, daher
sey seine Regierung eine stete Pilgeischaft gewesen. Neunmahl habe er
Deutschland, sechsmahl Spanien, viermahl Frankreich, siebenmahl
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494