Seite - 258 - in Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
Bild der Seite - 258 -
Text der Seite - 258 -
388 X Vierte Periode 1522—1?4U.
geeilt war, auch Böhmen, Schlesien und die Lausitzen ab (21. Mai
4611).
Kaiser Rudolph II. überlebte diese Ereignisse nur drei Viertel-
jahre, und starb am 20. Jänner 1612, nachdem er 6o Jahre gelebt,
34 regiert halte.
Die Zahl der Freunde, die ihn in seiner letzten Stunde nicht verließen, war
gering, so viele Menschen er auch mit Wohlthaten überhäuft, und so nach-
sichtsvoll er sich gegen sie bewiesen hatte. Er sah seinem Tode mit einer
Ruhe entgegen, welche die Umstehenden, auch nach allen Leiden, die er er-
duldet hatte, in Erstaunen setzte. «Ihr lieben Freunde,« sprach er zu ihnen,
»als ich, ein zwanzigjähriger Jüngling, aus Spanien ins Vaterland Wie-
^' derkchrte, wie hoch schwoll da mein Herz, wie ungeduldig stand ich Tag und
Nacht auf dem Verdecke, den weiten Raum mit meinen Wünschen schneller
/ ^ / ^ ^ . durchschneidend, als das »om Sturme getriebene Schiff die wilden Fluthen;
>° ^ »^ — und mein Gemüth sollte nicht leicht, frci und fröhlich seyn, da ich der
^ ^ . . .. H ^ ^ zueile, wo keine Trennung, tcin Tod und kein blutiger Haß
^ ^ ^ . mehr ist!«
Für die Wissenschaften und Künste hat Rudolph II. viel gelei-
stet. Prag, seine Residenz, machte er durch zahlreiche, gewühlte und
überaus geschmackvolle Aulagen zu einer der sehenswerthesten Städte
A^' - Europa's. Er ist der Stifter dcs unerreichten kaiserlichen Cabinetes
^ von Münzen und geschnittenen Steinen. Von ihm schreibt sich auch
dessen unschätzbare Zierde, die wahrhast einzige Apotheose des Augu-
stus her, in den Kreuzzügen durch die Ritter des Spitals von St. Jo-
hann zu Jerusalem aus dem Morgenlande, und vor den Stürmen des
Mittelalters im Nonnenkloster zu Boissy durch die Meinung gerettet,
sie stelle die Kreuzigung Christi vor. Keppler's und Tycho Vra-
h e's i'adulae NuäalMnne, des Kaisers Ordnungen für Bergbau, Han-
del und Schifffahrt in Böhmen, wie seine Briefe, enthalten einen
Schatz von Kenntnissen und schönen Bemühungen.
Rudolph hatte eine ungemein ansehnliche Gestalt, eine hohe gewölbte
Stirn, blitzende Augen, dann schwarze buschige Augenbraunen. Seine
ganze Haltung war so imponirend, daß Gesandte in feierlicher Audienz öfters
' vor ihm verstummten, bis er ihnen, durch die ihm eigene Leutseligkeit und red-
liche Offenheit, die Fassung wieder gab. An seinem Hofe herrschten Ord-
, .^ ' ^> ^ nung und Anstand ohne Pracht; er selbst gab ein Muster der Mäßigkeit.
Ucberaus einfach war seine Kleidung, außer er war gezwungen, sich im
^ ^ /Glänze seiner Würde zu zeigen. In der Regel trug er einen Spanischen
Mantel und ein Kleid nach altem Schnitte. >
Merkwürdig ist übrigens zur Geschichte des Habsburgischen Hau-
ses unter Rudolph's Regierung noch der Rücffall Tirol's, weil er
die Veranlassung zu dem berühmten Familienvertrage gab, der zu
<A,.Prag, am 5. Februar 1602, unterzeichnet wurde. Die Söhne des Erz-
^ Herzogs Ferdinand von T i ro l von der schönen Phi l ippine
Welser waren der Nachfolge unfähig, und nur zwei Töchter hatte
dieser Fürst von seiner zweiten Gemahlin, Anna Kathar ina von ^
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494