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»62 Vierle Periode l522-t?4U.
stellte die Frage: ob das beschwerliche Schreiben des Kaisers auf der
Statthalter Anrathcn oder mit ihrer Billigung verfaßt sey? Sollte in
Folge desselben jemand Gewalt erleiden, so würden sie alle für einen
Mann stehen. Der Oberstburggraf antwortete: solches Begehren sey
unerhört und könne nicht erfüllt werden, da ihr Eid sie, die Statthal-
ter und Räthe, verpflichte, nichts von Allem, was im Rathe verhandelt
und beschlossen werde, zu offenbaren; sie möchten sich deßhalb an den
Kaiser selbst wenden. Als daraufcin verworrenes Geschrei erfolgte, und
viele Stimmen riefen, sie sollten ja oder nein sagen, verlangte der Oberst-
burggraf Aufschub, weil man sich über eine so wichtige Sache nothwen-
dig mit den abwesenden Statthaltern besprechen müsse. Der Streit wurde
heftiger, und Schmähungen und Vorwürfe wurden über S lawata
ergossen, und noch mehr über Mart in i tz , den Nachfolger Thurns
in dem wichtigen Burggrafenamte von Carlstein, mit welchem die Ver-
wahrung der Böhmischen Krone und dcr Freihcitsbriefc verbunden war.
Hierauf erklärten T hurn und die Genossen seiner Frevel: sie seyen ent-
schlossen, sich ihrer Feinde für immer zu entledigen. Sie führten den
Oberstburggrafen und Dippold von Lobkowitz in ein anderes
Zimmer, während Wenzel von Raupowa, zu Mart iu i tz und
S lawa ta gewendet, ausrief: »Werft sie nach altem Brauche zum
Fenster hinunter!« Sofort umschlang einer der Aufrührer den Freiherr«
von Mart in i tz von hinten, und drängte ihn mit Rziczan und an-
deren gegen das offene Fenster. Vergebens flehte der Unglückliche um
Frist zur Todesbereitung; er wurde hinab gestürzt. Einen AugfnMck
herrschte tiefe Stille, Thäter und Zuschauer waren gleich erschrocken,
bis Thurn , zu neuen Verbrechen ermunternd und aufS lawata zei°
gcnd, rief: »Edle Herren, hier habt ihr den andern!« Da packtHl,^
auch diesen, und warfen ihn hinunter. >
In der Todesangst klammerte er sich an das Eisen dcr Fensterbrüstung, aber
ward so lange in die Hand gehauen, bis er los ließ.
Darnach erfuhr der Geheimschrcibcr Phi l ipp Fabr ic ius
Plat ter dasselbe Schicksal. Ungeachtet dieHöhe vom trockenen Schloß-
graben bis zum Fenster an sechzig Fuß betragen mochte, blieben doch
alle drei am ^ebeu. Ein am Gemäuer des Schlosses hervor gcw.«fchx
scner Hollunderbauin rettete sie mit seinem Gezweige vor tödtllH<W
Sturze. Auch die Schüsse, welche ihnen von oben her nachgeschielt
wurden, gingen fehl. Fabric ius und Mart ini tz entkamen glüSM
aus der Stadt und aus dem Lande, und auch S l a w a t a , der am
Kopfe schwer verwundet war, wurde später aus den Händen der Em-
pörer gerettet.
Die Partei der Böhmischen Protestanten wählte hierauf einen
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494