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Vierte Periode 4522—1740. 265
seinen König schon als Gefangenen betrachtete, und auf die Erpressung un-
gleich wichtigerer Vortheile rechnete, fand es nicht der Mühc werth,hierauf
auch nur eine Antwort zu geben. Er unterhandelte vielmehr mit den Häup-
tern der Oesterrcichischen Protestanten, ihm ein Thor einzuräumen.
Der katholische Theil der Einwohner Wiens war im höchsten Schre-
cken, in der.Hofburg befand sich Ferdinand ohne Geld und ohne
Soldaten. Dennoch beschloß er, wie einst sein Ahnherr FriedrichlV.
an derselben Stelle, niit rühmlicher Standhaftigkeit keinen Fuß breit zu
weichen; seine Flucht, das verkannte er nicht, hätte den Fall Wiens,
vielleicht den Verlust des ganzen Erblandes nach sich gezogen.
Am 11. Juni 1619 traten plötzlich sechzehn protestantische Landstände
in den öden, schon hin und wieder von den Kugeln der Rebellen durch-
löcherten Pallast, und verlangten polternd die Anerkennung ihrer Con-
föderation mit den Aufrührern in Böhmen und die Billigung ihres Für-
sten zu den, wider ihn selbst gemachten Rüstungen. Die Frechheit ging
soweit, daß Andreas Thonradtel den König bei den Knöpfen
seines Wamses ergriff, und ihm zurief: «Nun Ferdinand, willst du
noch nicht unterschreiben? Gib dich, gib dich!« Doch standhaft zog Fer-
dinand sich in sein Cabinet zurück, und sank bethend vor dem gekreu-
zigten Heilande nieder.
Mit dem innigstcn Vertrauen sprach er die Worte: »Herr Jesu, Erlöser der
Menschen, der den Grund der Herzen kennet, du weißt, daß ich deinen,
nicht meinen Ruhm suche; ist es dein Wille, daß ich von meinen Feinden
überwunden, Spiel und Gpott der Bösen werde, so will ich den bittern Kelch
leeren; dein Wille geschehe!« Da tönten von dem Crucifixe her, vor dem
der fromme Konig in heißer Andacht lag, die Worte in sein Ohr. »Fer-
dinand! ich werde dich nicht verlassen.«
Im nächsten Augenblicke schon schmetterten Trompeten, und der
Vurgplatz ertönte vom Stampfen der Schlachtrosse. Der Oberst
St . "Hi la i re, von Boucquoi abgesendet, war zur glücklichsten
Stunde mit dem Dampierre'schen Kürassier-Reginiente eingetroffen, und
durch das unbesetzte Fischerthor in die Stadt gekommen. Die Trompe-
ten tönten den frechen Rebellen wie Gerichtsposaunen; einer nach dem
andern verschwand, und flüchtete in das Thurn'sche Lager. Neuer Muth
durchglühte die katholischen Einwohner Wiens; sechshundert Studierende
griffen für ihren Fürsten zu den Waffen, und fünfzehnhundert Bürger
folgten diesem Beispiele. Die dumpfe Bestürzung verwandelte sich in
Iubelgeschrei, als die Nachricht eintraf, Voucquoi habe den Grafen
von Mansfeld in der Gegend von Budweis überfallen und auf das
Haupt geschlagen, und sey im Anzüge gegen Prag. Mit fluchtähnlicher
Eile hob Thurn sein Lager auf (22. Juni 1619), uudeilte, dieHaupt-
stadt Böhmens seinem Anhange zu retten.
Das Dampierre'sche Kürassicr-Regiment, welches gegenwärtig den Namen des
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494