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ihn zur Gesellschaft zwang, blieb er kalt und einsilbig. Da geschah es auch,
daß Wallenstein , der vor dem Tafelsaale des erzherzoglichen Schlosses
Ambras auf dem Geländer eines Bogenganges eingeschlummert war, zwei
Stock hoch niederstürzte, und gleichwohl unbeschädigt wieder aufstand. Das
Wunderbare dieser Rettung bewegte sein innerstes Gemüth. Es war ihm,
— so hat er im höhcrn Alter oft erzählt/ — »als hätte ihn die heilige Jung-
frau mit mütterlichen Armen aufgefangen, damit er nicht im lutherischen
Irrwahne sterben möge.« Von diesem Tage an bekannte er sich auch wirk-
lich zur katholischen Lehre.
In demselben Jahre, in welchem Erzherzog Ferdinand starb (1595),
folgte Markgraf Carl mit seinem Regimente Fußvolk, bei welchem er dem
zwölfjährigen Wallenstein eine Hauptmannsstelle vertrauet hatte, dem
General-Lieutenant Grafen Carl von Mansfc ld nach Ungarn zur Be-
lagerung von Gran. Als am 2, August die Wasserstadt gestürmt wurde,
und das zum ersten Anlaufe beorderte Baierische Regiment harten Stand
hatte, führte der Markgraf das Seinige im Sturmschritte zur Unterstützung
herbei. Wallenstein, durch männliche That die beschämend, welche seines
Knabenalters gespottet, drang mit solcher Entschlossenheit auf die Türken ein,
daß nur der herbeieilende Herzog Carl von Gonzaga-Nevers ihn
vor Gefangenschaft und Tod rettete. Während die siegenden Scharen, von
Beutelust getrieben, sich zerstreuten, hielt er sei» Häuflein durch Bitten und
durch Drohungen beisammen, und war unter den ersten, welche den letzten
Ausfall der Türken zurück schlugen.
Bald hierauf unternahm Wallen st ein in Gesellschaft eines reichen Edel-
mannes, Licek v.o n Riese nburg, eine Reise durch einen großen Theil
Europa's, auf welcher er die Hauptstädte und Höfe Englands, Frankreichs,
Spaniens, Hollands und Italiens kennen lernte, und Gelegenheit hatte,
einen Schatz von Erfahrungen zu sammeln. Die Einrichtung der öffentlichen
Verwaltung, das Heer und die Finanzen, die so verschiedenen Gaben und ^ i ^ > ^
Manieren der Staatsmänner und Feldherren waren sein vorzüglichstes Au- ,/
genmerk; — «denn (so hat er sich später geäußert) Berge, Thäler und Flüsse
sehe jeder Böhmische Landmann in seiner Heimath.«
Hierauf studierte Wallen stein eine Zeitlang auf der Universität zu Padua
Mathematik und Politik, vorzuglich aber Astrologie. Sein Lehrer in dersel-
ben, der Neapolitaner Andreas Argo l i , scheint ihn durch Vorhcrsagung
eines glänzenden Glückes besonders für diese Wissenschaft gewonnen, und zu
manchem seiner spätern Entwürfe angeregt zu haben.
Im Jahre 1606 machte Wallenstein bei dem kaiserlichen Heere einen Feld-
zug gegen die Tik'kcn in Ungarn mit, und gab neue Beweise von Einsicht
und persönlicher Tapferkeit. Der Friede endigte am I I . November 1606
diesen Feldzug, und Wallenstein ging nach Böhmen zurück, wo er bald
darauf Gelegenheit fand, bedeutende Mittel zu erlangen. Er erwarb die
Gunst einer sehr begüterten Mährischen Witwe, der bejahrten Lucretia
von Landeck, heirathcte sie, und sah sich in kurzer Zeit durch ihren Tod
(1614) im Besitze eines großen Vermögens.
Als nun zwischen dem damaligen Erzherzoge Ferdinand und den Vene-
lianern eine Fehde ausbrach (1616), spülte der tapfere Edelmann schon eine
glänzendere Rolle, und hatte Gelegenheit, sich unter Dampierre's Augen,
der das Commando führte, zu üben. Wallen stein hatte zweihundert
Dragoner auf eigene Kosten ins Feld gestellt, und besoldete sie sechs Mona:
the lang aus seiner Tasche. Er bestand an der Spitze derselben mit Vortheil
mehrere Gefechte wider die Venetianer, schlug sich zweimal durch zahlreiche
feindliche Haufen unerschrocken durch, und warf Lebensmittel und Mann-
, schaft in das, durch Hunger, Seuchen und die Venetiancr gleich hart be-
drängte Gradiska. Seine Wachjamkeit, Klugheit und Tapferkeit, und be-
sonders sein gefälliges Benehmen gegen seine Kameraden erwarben ihm all-
gemeines Vertrauen. Er lobte die letzteren bei jeder Gelegenheit, sprach we-
nig von sich, lebte prächtig, und hielt täglich viele Offiziere an seiner Tafel
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494