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Vierte Periode l522—1740. 3t3
Wie jeder längere Rückzug, so verursachte auch dieser Muthlosigkeit
unter dem kleinen, überdieß noch durch Krankheit geschwächten, kaiserli-
chen Heere. Ein an sich unbedeutendes Gefecht bei Petronell (?. Juli
1683), von einigen Schwärmen Tataren und Siuahis nur unternom-
men, um das Gepäck zu plündern, machte gleichwohl einen außerordent-
lichen Eindruck auf den Soldaten sowohl, als noch mehr auf die bange
Hauptstadt. Nur mit Mühe brachte der Herzog von Lothr ingen noch
einige Geschwader zum Ausharren. Tief fühlend, daß es auch für den
Oberfeldherrn Augenblicke gibt» wo er die Gemeinen durch eigenes Bei«
spiel Tapferkeit lehren muß, warf er sich an ihrer Spitze, ohne Küraß,
mitten unter die feindlichen Reiter, und sprengte sie auseinander. In
Wien hatte man ihn schon todt gesagt.
An demselben Tage Abends verließ der Kaiser mit seinem Hofe die
Stadt, und gab dem Bürgermeister Liebenberg und dem Stadtrich-
ter Schuster beim traurigen Abschiede die beruhigende Versicherung,
auf den ehemöglichsten Entsatz seiner Residenz das erste Augenmerk zu
richten. — Von seinem Nachtlager in Korneuburg aus sah Leopold
den Brand des, von den streifenden Tataren angezündeten Klosters und
der Kirche auf dem keopoldsberge. Nur mit Mühe entging er seinen,
von den Ungarischen Rebellen geleiteten Verfolgern, und erreichte Linz
und dann Passau. ^
Allgemein und fast erdrückend war in Wien das verwirrte Rennen
und Flüchten derEinwohner, aus denen gar viele, die entweder zu spät
oder der Steyermark zu die Flucht nahmen, den feindlichen Parteigän,
gern in die Hände sielen. Tausende von Menschen verließen Wien, und
diesem Strome der Ausziehenden wogte ein so gewaltiger von Hinein-
flüchtenden von dem platten Lande entgegen, daß die für den Unterhalt
besorgten Befehlshaber die Thore zu sperren befahlen.
Am y. Juli Morgens kehrte wieder einiger Muth in die Gemüther
zurück. Die Bewohner Wiens hatten den gesammten Rest des kaiserlichen
Heeres in dem Gefechte beiPetronell vernichtet gewähnt, und nun sahen
sie die ganze Reiterei in kriegerischer Haltung zur Stadt hereinziehen,
und sich in der Tabor-Au lagern. Zugleich traf auch derjenige ein, wel-
chem der Kaiser in diesen verzweifelten Umständen die Obhut seiner Haupt-
stadt vertraut hatte,—der Feldzeugmeister Ernst Rüdiger Graf von
Starhemberg.
Was dieser außerordentliche Mann binnen fünf Tagen gethan, dem
Wehrstande der Stadt nachzuhelfen, übersteigt fast allen Glauben.
Es mangelten alle Werkzeuge und Bedürfnisse; selbst Waffen, Schiffe, Bau-
und Brennholz lagen dem Feinde Preis gegeben da; hin und wieder waren
die Bollwerke eingefallen-, die Gräben waren trocken und leicht zu'überftei-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494