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3Rü Vierte Periode t522—1740.
schenleeren Wüste gemacht, und Tausende gemordet, andere Tausende aber
heerdenweise, auch wohl an den Schweifen der Pferde, in die Sclaverei ge-
schleppt worden wären. Unter den Unglücklichen, welche ihrem Vaterlande
entrissen wurden, um als Sclaven dem Uebermulhe der Ungläubigen zu die-
nen, waren über 50,000 Kinder, 6000 Männer, gegen lt,000 Weiber und
45,000 Mädchen. Unter den weiblichen Gefangenen rechnete man 204 Frauen
und Jungfrauen aus dem hohen und niedern Adel. — Die allezeit getreue
Neustadt hielt sich auch dießmahl wieder.
Die Hauptstadt setzte indessen ihre Vertheidigungsanstalten mit Muth und
Anstrengung aller'Kräfte fort. Nicht nur mit den Waffen in der Hand, son-
dern auch als Kundschafter setzten sich mehrere treue Bürger und tapfere Sol-
daten einem sehr wahrscheinlichen Tode aus. Ein Götzischer Reiter schwamm
durch alle Arme der Donau, und kam glücklich über den Wall, einen Brief
des Herzogs von Lothringen, mit Wachs wohl verwahrt, am Halse. Auf
der Rückkehr gefangen, und vor den Großwesir geführt, rettete er sein Leben
durch übertriebene Erzählungen von dem Elende und der Verzweiflung der
Sl-abt. Er ward frei entlassen, die frohe Nachricht durchs ganze Lager be-
lannt gemacht, der bei ihm gefundene, mit geheimen Zeichen geschriebene
Brief aber, nachdem man einen höhnenden Beisatz hinzugefügt hatte, in
die Stadt zurück geschossen. Auch der im Türkischen Lager gefangen zurück-
gehaltene kaiserliche Resident, Christoph von Kunitz, wagte es, durch
vertraute Bediente von Zeit zu Zeit wichtige Nachrichten in die Stadt zu
bringen. Der Heisterische Lieutenant G regorowitsch deutete gleichfalls
durch ein« von der Höhe des Bisamberges aufsteigende Rakete an, daß er
glücklich über die Donau zum christlichen Heere entkommen sey. Franz
Georg K«llschü tzky/ ein Pohle aus Sambor, früher Dolmetsch der
orientalischen Compagnie, nun Kaufmann in der Lcopoldstadt, Lieutenant
bei der, aus lauter Wirthen bestehenden Frei-Compagnie des Hauptmannes
Frank, kam in Türkischen Kleidern glücklich durch das ganze Lager an den
Kahlenberg, wo er von dem Richter zu Nußdorf, der sich mit seinen Nach-
barn eine Insel in der Dona» zur Zufluchtsstätte auscrsehcn hatte, über
den Strom gebracht wurde. Am siebzehnten Tage gelangte er durch die
Verpfählungen am Schottenthore glücklich wieber in die Stadt, mit einem
ermunternden Schreiben des Herzogs von Lothringen, welches wichtige
Aufträge und Zusicherungen enthielt. Kollschützky wurde in der Folge
durch die Erlaubniß belohnt, in Wien das erste Kaffehhaus zu errichten.
Es war zuerst am Stephansplatze, dan» bei der blauen Flasche imSchlos-
sergäßchen. Noch verwahrt zum ewigen Andenken der jeweilige Vorstand der
Kaffehsieder das Bildniß des «Bruder Herz!« Dieß war Kollschützky's
gewöhnlicher Gruß und wurde sein Beiname,
Kara Mustapha bestieg bald den Thurm von St. Ulrich, bald
ließ er sich in seiner, ganz geschlossenen, mit eisernen Platten wohlver-
wahrten Sänfte in die Laufgräben tragen, belohnte und strafte nach
seiner Weise, und ermähnte die Nachlässigen und Feigen mit seinem Sä-
bel eines Besseren. Viele fielen unter demselben, ein Opfer seines Zor-
nes, zumahl als ihn ein Abgesandter des Großherrn, unzufrieden über
den geringen Fortgang der Belagerung, verlassen hatte.
Am dritten September mußten die tapfern Vertheidiger das, zwischen
der Burg- und Löwelbastei liegende, so lange und so heldenmüthig be-
hauptete Ravelin verlassen, Tags daraufsprengte eine Mine eine weite
Lücke in die Burgbastcl, und am 6. September flogen auch die zwei und
zwanzig Fuß dicken Mauern der Löwelbastei in einer Breite von sechs
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494