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Vierte Periode 1522—l?40. 3t?
Klaftern in die Luft. Zugleich verdoppelten die Türken ihr Feuer und
ihre Stürme mit einer Wuth, der die Belagerten bei allem Muthe am
Ende doch hätten unterliegen müssen, hätte sie nicht der Anblick der vom
Hermannskogel bei Weidlina, aufsteigenden Raketen, welche die Gewiß-
heit des nahen Entsatzes verkündigten, mächtig gestärkt.
Starhemberg sendete am zehnten September bei einbrechender Nacht an
den Herzog von Lothringen einen Reiter, der durch die Donau schwamm,
mit dem lakonischen Schreiben: «Keine Zeit mehr verlieren, gnädigster
Herr, keine Zeit mehr!« In derselben Nacht zeigte eine Feuergarbe von
Raketen, von der Höhe des Stephansthurmes abgebrannt, dem Herzog
nochmahls die äußerste Noth der Stadt.
Am 11. September Abends erblickte man, vom Schottenthurme aus, die
Vortruppen des christlichen Heeres auf den Hohen des Kahlenberges. Nach
eingebrochenerDämmerung bestätigten die frohe Botschaft drei Kanonenschüsse
und viele, von eben den Höhen gegebene Feuerzeichen. Namenlos war die
Empfindung , die sie in der tapfern, aber geschmolzenen, durch Hunger und
Mangel ermatteten Besatzung, in den treuen, hart bedrängten Einwohnern
hervorbrachten. Viele stiegen, der feindlichen Kugeln unbesorgt, auf die
Spitzen der Thürme und Häuser, andere eilten auf die öffentlichen Plätze,
jetzt schon mit Ungestüm einen Ausfall fordernd, andere in die Kirchen, ihre
Empfindungen in laute Gebethe ergießend. Alles , Freund und Feind, um;
armte sich mit Thränen. In einem Augenblicke flog die Freudenbothschaft
von Munde zu Munde, in einem Augenblicke war die an Verzweiflung grän-
zende Bestürzung in lauten Jubel verwandelt.
Desto verwirrter sah es im Türkischen Lager aus. Eilends kehrten alle Trup-
pen aus der Leopoldsiadt über die Donau zurück; der Großwesir umgab sich
mit einer auserlesenen Leibwache; ganze Reihen von Gezelten tauchten plötz-
lich nieder; Kamehle und Waulthiere wurden bepackt und abgeführt; auf
mehreren Puncten wurden Verschanzungen aufgeworfen. Die Ianitscharen,
unmuthig, weil sie über ihre Frist von vierzig Tagen bei dieser Festung aus-
harren , und durch die unmenschlichen Verwüstungen ihrer eigenen Tatari-
schen Schwärme Theuerung und Mangel fast mehr als die Belagerten leiden
mußten, marschirten an die Donau. Um den gesunkenen Muth der Türken
durch Blut und Gräuel zur Wildheit aufzustacheln, ließ Kara Mustapha
alle im Lager befindlichen Christen-Sclaven, 20,000 an der Zahl, auch die
Weiber und Kinder, niedersäbeln.
Während der sechzigtägigen Belagerung Wiens hatten sich 30,000
Deutsche unter den Churfürsten von Sachsen und Baiern und 20,000
Pohlen unter ihrem Könige mit dem Herzoge von Lothringen vereinigt,
dessen Heer dadurch bis auf 80,000 Mann anwuchs. So beschloß er
den Angriff gegen die, trotz aller während der Belagerung erlittenen Ver-
luste noch immer doppelt so starken Osmanen.
Am frühen Morgen des 42. September, als die Sonne durch die
klare Herbstluft dem Kahlenberg gegen über leuchtend empor stieg, las
der fromme Kapuziner-Mönch Marco d'Auiano, den der heilige Va-
ter zum Heere gesendet hatte, auf der Höhe des Leopoldsberges, der sich
zwischen dem Kahlenberg e und dem rechten Donauufer erhebt, die hei-
lige Messe, und der König von Pohlen diente ihm am Altare. Darauf
erhob sich Johann Sobieski, und schlug seinen Sohn im Angesichte
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494