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Vierte Periode l522—l?40. 345
Großen des Reiches als König anerkannt. Die Städte Barcelona und
Valencia erklärten sich gleich Anfangs mit Eifer für ihn; aber in Ma-
drid konnte er erst nach einem,von Starhemberg bei Saragossa er-
fochtenen Siege seinen Einzug halten, wo er als König Carl III. ge-
krönt ward.
Diese günstige Wendung der Angelegenheiten in Spanien erlebte
aber Kaiser Leopold l. nicht. Er starb am 5. Mai 1705 zu Wien an
einer Brustwassersucht im fünf und sechzigsten Jahre des Lebens und im
fünf und vierzigsten seiner glorreichen Regierung.
Leopold war von kleiner Statur, blauen Augen, blonden Haaren, einer
etwas gebogenen Nase und blassem Aussehen. Die vorragende Unterlippe,
das Wahrzeichen der Burgundischen Abstammung, hatte er so ausgezeichnet,
wie niemand vor ihm in der Deutschen und auch nicht in der Spanischen
Linie, bei welcher sich diese Zufälligkeit noch ungleich mehr fortgepflanzt hatte.
In seinem Aeußern lag tiefer Ernst. Ueber der pünctlichen Beobachtung der
Spanischen Etiquette hielt Leopold mit Strenge, und selbst im engen
Kreise seiner nächsten Umgebungen durfte dieselbe nicht außer Acht gelassen
werden. Dabei besaß er ein weiches und wohlthätiges Herz. Es war ihm
schwer, irgend eine Bitte von sich zu weisen, und er spendete heimlich Almo-
sen aus, welche die Kräfte seiner Kammer nicht selten überstiegen. Gegen
alle Verbrechen, außer in Religions- und Staatssachen, war er so gelinde,
daß die Begnadigung Regel, und der Vollzug der Strafe zur Ausnahme
wurde. Demüthig im Unglücke gegen die Hand des Herrn, aber darum nicht
minder standhaft, wußte er sich auch im Glücke zu mäßigen.
In seinem Privat-Lcben verdiente Leopold innige Achtung. Er war ein
zärtlicher Gatte und ein besorgter Vater. Die Erziehung seiner Kinder ver-
traute er denjenigen an, auf deren Rechtgläubigteit und Gelehrsamkeit er
das meiste Vertrauen setzen zu dürfen glaubte.
Leopold kannte und liebte die Wissenschaften, In der Geschichte, in der
Alterthumskunde und Numismatik, im Römischen Rechte, in der Bau- und
Befestigungskunst hatte er in seinen frühern Jahren Fortschritte gemacht,
welche viele Gelehrte in Verwunderung setzten. Auf Musik, Denkmähler und
Gebäude verwenbite er bedeutende Summen. Die von ihm zu Innsbruck
und Breslau gestifteten Universitäten versah Leopold mit den berühmte-
sten Lehrern jener Zeit, und die Einrichtung der ältern Hochschulen verbes-
serte er. Die kaiserliche Hof-Bibliothek verdankt ihm, wie dem rastlosen
scharfsinnigen Fleiße seines Lambecius, die wichtigsten Bereicherungen.
Seine ausgezeichnete Gedächtnißgabe erleichterte ihm das Studium vieler, un-
ter sich verschiedener, lebender und todter Sprachen. Er war der Griechi-
schen nicht fremd, und für die Reinheit der Lateinischen so wachsam, daß er
in vielen Bittschriften und Zueignungen minder richtige Ausdrücke selbst ver-
besserte. Er sprach fertig Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch,
und verstand mehrere Slawische Sprachen. Der Französischen war er aber
so gram, daß weder seine Minister noch seine Hofleute sich derselben bedie-
nen durften.
Bei allem Glänze der Majestät, in den er sich zu hüllen gewohnt war,
vernahm Leopold gleichwohl gern offene Aeußerungen iiber seine eigenen
Entschlüsse. Er selbst befahl dem Lehrer seines Sohnes I ose pH, dem Freiherr«
Wagner von Wagenfels, in der Geschichte seiner Zeit mit der größ-
ten Freimüthigkeit vorzugehen. Dieselbe Freimüthigkeit empfahl er dem
Rieder-Oesterreichischen Statthalter, Ioh an n Qu in t in , Grafen von
Jörger, der die Begebenheiten unter Leopold's Herrschaft nach dem
Muster des Grafen von Khevenhüller zu beschreiben unternahm.
Von-drei Gemahlinnen erhielt Kaiser Leopold I. fünfzehn Km-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494