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8?« Vierte Periode t522—1?4o.
nichts, als das Temeswarer-Banat. Die Pforte bewilligte indeß neuer-
dings den Oesterreichischen Kaufleuten freien Ein- und Ausgang in
die Staaten und Provinzen des Osmanischen Reiches, sowohl zu
Lande als zur See, und zwar auf ihren eigenen Schiffen, mit kaiser-
licher Flagge und kaiserlichen Pässen, unter der Bedingung nähmlich,
daß sie die gewöhnlichen Abgaben entrichteten.
Rußland gab seine Eroberungen sämmtlich zurück, mit Ausnahme Assow's,
welches jedoch geschleift ward. Die Pforte erkannte den Russischen Kaiser-
titel. Manche Unbestimmtheiten über wichtige Interessen Rußlands blieben
aber bei diesem eilig geschlossenen Frieden zurück, und wurden Samen zu
neuen Kriegen.
Kaiser Carl VI. überlebte den Belgrader Frieden nur ein Jahr.
Die geistige Unruhe, in welche ihn die erlittenen Unfälle versetzt, hatte
seine Gesundheit zerrüttet.
Im Anfange des Octobers 1740 klagte er über Anfälle von Fußglcht, ging aber
doch mit seinem Hofe nach Halbthurn auf die Jagd, die zu seinen vorzüg-
lichsten Zerstreuungen gehölte. Es war kalt, und regnete und schneite ab-
wechselnd. Kurz nach seiner Ankunft fühlte der Kaiser Leibgrimmen. Den-
noch nahm er Theil an der Jagd; Anstrengung und schlechtes Wetter mehr-
ten sein Uebel. Am zehnten Nachts litt er an Unverdaulichkeit von eingeölten
Pilzen, die er genossen. Das Erbrechen war häufig und heftig. Früh kehrte
er so krank nach Wien zurück, daß er unterwegs mehrmale ohnmächtig wurde;
man hob ihn beinahe bewußtlos aus dem Wagen, und brachte ihn in den
Pallast der Favorite (das nunmehrige Thcresianum). Hilfe der Kunst und
Ruhe erquickten ihn jedoch so, daß er außer Gefahr schien. Am zwölften aber
stellte sich das Erbrechen wieder ungemcin heftig ein; ein hitziges Fieber und
Anfälle der Fußgicht traten hinzu, und man zweifelte wieder am Aufkommen
des Fürsten, der mit bewundernswürdiger Geduld litt. Er fürchtete sein
nahes Ende so wenig, daß er die Erklärung der Aerzte, welche ihm die Gc-
fahr verkündigte, ohne die mindeste Gemüthsbewegung vernahm. Doch lä-
chelte er über die früheren falschen Voraussagungen der Aerzte, und machte
ihrem, in seiner Gegenwart über das Wesen der Krankheit geführten Streite
mit den Worten ein Ende: «Hört auf zu streiten; öffnet meinen Körper,
wenn ich todt bin, so werdet ihr die Ursache meines Todes sehen.« Hierauf
bereitete er sich, vor Gott zu" treten, und erfüllte mit innigem Vertrauen und
tiefer Andacht die Pflichten, welche die heilige Kirche ihren Kindern vor-
schreibt. Spater ließ er seine Minister kommen, dankte ihnen für die gelei-
steten Dienste, gab ihnen weitere Verhaltiingsbefehlc, und verfügte mit der
größten Ruhe über alles, was seine Thronfolge betraf. Von den anwesenden
Gliedern seiner Familie nahm er einen ergreifenden Abschied, insbesondere
von der Kaiserin, seiner liebevollen Gemahlin, welche in sechs Krankennächten
keinen Augenblick von seinem Lager wich. Hieraufwandte er sich nach dem Zim-
mer Mar ien Theresien's, welche ihrer weit vorgerückten Schwanger-
schaft wegen nicht an ihres Vaters Sterbebette erscheinen durfte, um auch
ihr seinen Segen zu ertheilen, und befahl dem, von dem tiefsten Schmerze
ergriffenen Großherzoge, ihrem Gemahl, sie davon zu benachrichtigen, und
ihr zu sagen, daß er in seiner letzten Stunde ihrer gedenke, und sie segne.
Unter den Tröstungen der Religion gab der fromme Kaiser am
20. October i740 Früh um zwei Uhr semcn Geist auf, im sechs und
fünfzigsten Jahre seines Alters, und im dreißigsten seiner Regierung.
Mit ihm erlosch der männliche Stamm des Habsburgischen Hauses,
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494