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Künste Periode 1?40 - H828. 463
zu erreichen. Kaiser Franz fühlte es, und faßte diesen Entschluß. Für dle
Monarchie, für das heiligste Interesse der Menschheit, als Schlitzwehr gegen
unabsehliche Ulbel, als Unterpfand einer bessern Ordnung der Dinge, gab
er die eigene Tochter hin. In diesem, über gewöhnliche Bebenklichkeiten weit
erhabenen, gegen alle Mißdeutungen des Augenblickes gewaffneten Sinne
wurde ein Band geknüpft, daß, nach den Drangsalen eines ungleichen Kam:
pfes, den schwächern und leidenden Theil durch das Gefühl einiger Sicher-
heit aufrichten, den stärkeren und siegreichen für Mäßigung und Gerechtig-
keit stimmen, und so, von zwei Seiten zugleich, der Wiederkehr eines Gleich-
gewichtes der Kräfte, ohne welches die Gemeinschaft der Staaten nur eine
Gemeinschaft des Elendes seyn kann, den Weg bahnen sollte.
Am 2. April 1810 ward die Vermählung Napoleons mit der
Erzherzogin Maria Louise zu Paris mit dem größten Pompe voll-
zogen. Schon zum vorhinein ward dem ersten Prinzen aus dieser Ehe,
dessen Geburt Napoleon mit stolzer Zuversicht voraus sagte, der Ti,
tel eines »Königs von Rom« bestimmt. Das Glück krönte auch diesen
Wunsch seines Günstlings. Am 20. März 1811 gebar Mar ia Louise
den Prinzen Napoleon Franz Carl Joseph.
Bei den glänzenden Festen, welche zur Verherrlichung dieser Vermählung zu
Paris begangen wurden, ließ es der Himmel dem Uebermüthigen an einem
warnenden Winke nicht fehlen. Am t. Juli H810 gab der Oesterreichische
Bothschaftcr, Fürst Car l von Schwarzenberg ein großes Tanzfest,
und hatte zu diesem Zwecke in einem Garten Gallerten und einen Ballsaal
für 12UN Personen erbaut. Der hölzerne Ballsaal war mit Gemählden und
reichen Stoffen ausgeschmückt. Ein Fenstervorhang, durch die Luft bewegt,
fing Feuer, und binnen wenigen Minuten ward der Schauplatz des Glanzes
und der Herrlichkeit in eine Stätte des Jammers und des Entsetzens ver-
wandelt. Die Fürstin Paul ine von Schwarzenberg, die Schwägerin
des Bothschaft^rs, mit welcher sich Napoleon im Augenblicke des Aui-
bruches unterhalten hatte, und die bereits gerettet war, eilte, als sie ihre
Tochter vermißte, zurück in das brennende Gcbsude, in welchem sie, ein
Opfcr ihrer Mutterliebe, den schmerzlichsten Tod fand. Viele andere Perso-
nen wurden schwer verletzt aus den Flammen getragen. Da war es dem
Herrn der Welt einen Augenblick, als halte er die drohende Hand einer hö-
heren Macht gesehen. Als ihm drei Jahre später, am Tage nach der Schlacht
bei Dresden, bi» Kunde von Moreau's schrecklicher Verletzung, ohn« den
Namen des Verwundeten, gebracht warb, und er aus mancherlei Umständen
schloß, daß es der Fürst Schwärzend erg sey, den so grausam die Ku»
gel getroffen, sagte er: »Dieser also ist's, der das Schicksal erfüllt! Ich
habe immer das Ereigniß an dem Ballabenbe als ein traurige« Vorzeichen
auf dem Herzen gehabt. Es lst jetzt, nicht zu bezweifeln, iaß dasselbe auf
ihn ging.«
Die Mahnung blieb ohne Erfolg.
Wenn Kaiser Franz, wenn mit ihm die schwer gedrückten Völker
Europa's gehofft hatten, daß das Glück und die schnell gewählte Hoff-
nung der geschlossenen Ehe der Welt Ruhe schaffen werde von Kriegen
und Thronumstürzen, so schien es nun Napoleon ordentlich darauf
anzulegen, durch gehäufte Gewaltthaten alle Erwartungen und alles
Vertrauen Lügen zu strafen.
Seit dem Verfalle de« alten Römer-Reiche« hatte lein Sterblicher größere
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Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494