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Teil III: Erzeugungsformel des Werks und Selbstobjektivierung des
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tellektuellen Avantgarde und etabliert eine neue, bisher noch nicht existente
Position im literarischen Feld, âder gegenĂŒber sich alle anderen Positionen
definieren solltenâ80. Genauer gesagt : âStatt einer fix und fertig gegebenen
Position, die man nur einzunehmen braucht â wie jene, die vermittels der von
ihnen erfĂŒllten oder erforderlich gemachten gesellschaftlichen Funktionen in
der Logik des gesellschaftlichen Funktionszusammenhangs begrĂŒndet sind ââ,
handelt es sich bei der Position, die Musil mit seinem Roman einzunehmen
sich anschickt, (analog zu der des französischen Lâart pour lâart siebzig Jahre
zuvor) âum eine aufzubauende Position, der jedes Ăquivalent im Macht-Feld
fehlt, eine Position, die es auch nicht geben könnte und nicht unbedingt geben
mĂŒĂte. Zwar ist auch sie latent im Raum der bereits bestehenden Positionen
verhandenâ, doch âkönnen diejenigen, die sie einnehmen wollen, sie nur exis-
tent werden lassen, indem sie zugleich das Feld entwickeln, in dem sie Platz
finden könnte, das heiĂt, indem sie eine Welt der Kunst revolutionieren, die
sie de facto und de jure ausschlieĂtâ.81 Es ĂŒberrascht nicht, dass Musil mit seiner
zumindest unerwarteten Positionsnahme, die zahlreiche der seinerzeit (und
noch heute, wie das Beispiel Reich-Ranickis zeigt82) herrschenden Vorstel-
lungen dessen auf den Kopf stellt, was ein Roman zu sein habe, nur bei einem
kleinen, anspruchsvollen Kreis von Lesern Anklang findet. Er erweist sich
durch die hohe Anerkennung, die er unter seinesgleichen genieĂt,83 ohne des-
halb ein groĂes Publikum zu erreichen, als Vertreter der literarischen Avant-
garde seiner Zeit.84
In seiner (thematisch und formal innovativen) romanesken Konstruktion
der kakanischen Gesellschaft und ihrer konstitutiven Spannungen zeigt sich
Musil gleichsam als Soziologe â was umso bemerkenswerter ist, als die dama-
lige Soziologie â mit partieller Ausnahme Karl Mannheims85 â âeine Lösung
jener Problemeâ, âdie er sich mit seinem Lebensprojekt aufgeladen hatteâ, kei-
nesfalls âbereitstellen konnteâ.86 DarĂŒber hinaus galt die noch relativ junge
universitĂ€re Disziplin in âden Augen einer insgesamt sehr konservativen, von
den âDeutschnationalenâ beherrschten akademischen Welt [âŠ] als französi-
80 Bourdieu : Die politische Ontologie Martin Heideggers, S. 62.
81 Bourdieu : Die Regeln der Kunst, S. 127.
82 Vgl. die Einleitung in vorliegende Arbeit.
83 Vgl. etwa Corino : Musil [2003], S. 1002â1006.
84 Vgl. Bourdieu : Die Regeln der Kunst, S. 245 u. 253â257, sowie Bourdieu : FĂŒr eine Wissenschaft
von den kulturellen Werken, S. 69. Mehr dazu in Kap. III.2.
85 Vgl. MĂŒller : Ideologiekritik und Metasprache, S. 89â104 ; Blasberg : Krise und Utopie der Intel-
lektuellen, S. 46â48 ; NĂŒbel : Relationismus und Perspektivismus.
86 So Kuzmics/MozetiÄ : Musils Beitrag zur Soziologie, S. 225.
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Buch Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts"
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
- Titel
- Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
- Untertitel
- Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
- Autor
- Norbert Christian Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78740-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 1224
- Schlagwörter
- Robert Musil, The Man without Qualities, modern novel, sociology of the novel, Pierre Bourdieu, cultural history
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 9
- Einleitung 11
- TEIL I : GRUNDLEGUNG
- TEIL II : ROMANTEXT ALS KRĂFTEFELD
- 1. âVersuchsstation des Weltuntergangsâ : Chronotopos und sozialer Raum 261
- 2. âZeitfigurenâ 1913/1930 âam gesellschaftlichen Schachbrettâ : Kapitalausstattung und Habitusbildung 328
- Erben und Enterbte 344
- Ulrich, Mann ohne Eigenschaften ) â Der Dilettant Walter 347
- Mann mit Eigenschaften 378
- Eigenschaftslosigkeit aus Marginalisierung : Ulrichs Alter Ego Moosbrugger 392
- Der moderne Industrielle : Ulrichs Gegenspieler Arnheim 409
- Adel und modernerKonservativismus : Ulrichs Inversion Leinsdorf 457
- Aufsteiger und Gebremste 482
- Realpolitik als âAntiessayismusâ : Der FunktionĂ€r Tuzzi (489) â Zur sozialen Erzeugung von Eigenschaften : Leo Fischel, Liberaler und âJudeâ 501
- Ein trojanisches Pferd des MilitÀrs : General Stumm von Bordwehr 523
- Terroristen und Propheten 548
- Forcierte âEigenschaftlichkeitâ : Der Antisemit Hans Sepp 558
- eingast, Faschist und Schwerenöter 584
- Der selbstbewusste Proletarier und junge Sozialist SchmeiĂer 601
- Friedel Feuermaul, Pazifist aus dem âGeiste des Expressionismusâ 613
- Gefallene Geliebte 643
- Zerrissener Zusammenhang, perspektivische Verschiebung : Ulrichs Geliebte Leona 649
- Petrifizierte âEigenschaftlichkeitâ, Macht des Faktischen : Ulrichs Geliebte Bonadea 659
- Leidende an einer geheimnisvollen Zeitkrankheit 672
- Wahnsinn als Methode : Clarisse 676
- Die frustrierte Ehefrau Klementine Fischel 694
- Ein gespaltener Habitus : Gerda Fischel 698
- Angepasste und Dissidentinnen 708
- Diotima, Frau mit Eigenschaften 712
- Agathe, Frau ohne Eigenschaften 737
- 3. âDie falschen zwischenmenschlichen Vereinigungen unserer Gesellschaftâ : Konstellationen und Interaktionen 768
- Ehen in der Krise 781
- Erosion der GeschlechteridentitĂ€ten : Die âTrĂ€ger des Zeit- wandelsâ Walter und Clarisse 788
- Von der physiologischen âZwangsherrschaftâ zur wissenschaftlichen EhefĂŒhrung : Diotima und Tuzzi 799
- Das schleichende Eindringen des Politischen ins Private : Leo und Klementine Fischel 809
- Unordentliche VerhÀltnisse, Geschlechterkampf 817
- Der Intellektuelle und die Kontrafaktur der âschönen Seeleâ : Ulrich und Bonadea 825
- Coitus interruptus als âLustselbstmordâ : Ulrich und Gerda 844
- Liebesversuche jenseits der Ehe 885
- Ulrichs frĂŒhes Einheitserlebnis 894
- Die verbindende Kraft des Antisemitismus : Gerda Fischel und Hans Sepp 902
- Liebe Ă la hausse, platonische âBegegnung zweier Berggipfelâ : Diotima und Arnheim 908
- Die âletzte Liebesgeschichteâ als Experiment der Androgynie : Ulrich und Agathe 928
- 3.2 Gleichgeschlechtliche Konstellationen : Moderne MĂ€nnerbeziehungen 998
- Konkurrenz um Prinzipien und Menschen 1000
- Reviermarkierungen im Kampf um eine Frau : Tuzzi gegen Arnheim, PreuĂen gegen Ăsterreich 1005
- Der Intellektuelle und der GroĂschriftsteller als Versucher : Ulrich gegen Arnheim 1014
- Ideologische Gegnerschaften, Klassenkampf 1059
- Entgegengesetzte âExponenten des Zeitgeistesâ : Hans Sepp und Feuer maul 1063
- BildungsbĂŒrger contra KleinbĂŒrger : Ulrich und Hans Sepp 1078
- BildungsbĂŒrger contra Proletarier : Ulrich und SchmeiĂer 1086
- TEIL III : ERZEUGUNGSFORMEL DES WERKS UND SELBSTOBJEKTIVIERUNG DES AUTORS
- Literaturverzeichnis 1169
- Musil-Texte 1169
- Andere Quellen 1169
- Nachschlagewerke 1176
- Allgemeine Forschungsliteratur 1176
- SekundÀrliteratur zu Musil 1193
- Register 1208