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78 KAPITEL2. KINDHEIT
begannmiteinerAnforderungvom3.8.1946derSpruchkammer.Hieraufantworteteermit
einemSchreibenvom6.8.1946,demerdenbereitsam25.4.1946ausgefülltenMeldebogen67
sowie fünf Gutachten beifügte. Er selbst hat sich darin in die Gruppe der Entlasteten68
eingestuft. Mit dem Sühnebescheid vom 8.1.1947 wurde er wegen der Mitgliedschaft in
der NSDAP dagegen als Mitläufer eingestuft und es wurde ihm unter Berücksichtigung
des erlittenenGehaltsverlustes eineGeldsühne von 800,- RMauferlegt.Daraufhinwurde
am12.Geburtstag seinerTochterAnnelore, dh. am27.2.1947 durch dieMilitärregierung
verfügt, ihn wieder zum Schuldienst zuzulassen. Nach Eingang der Verfügung folgte am
5.4.1947 seinGesuchumWiederanstellung,worauf erbereits am9.4.1947erst einmal eine
AnstellungaufDienstvertretunganderVolksschuleMögeldorf (ThusneldaSchule) erhielt,
ander er ja auchvor 1945 tätigwar.DieVereidigungals Staatsbediensteter erfolgtedann
bereits am darauffolgendenTag. Sein damaliges Gehalt betrug 433,50 RMbrutto. Nach
eineinhalbbangenJahren einer drohendenund faktischenArbeitslosigkeit konnte der be-
rufliche Neustart nach demKrieg nun endlich wieder seinenGang gehen. Am 29.9.1948
wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe aufgenommen und erhielt seinen früheren
Status als Hauptlehrer bei einemmonatlichen Grundgehalt von 480,- DM wieder. Mit
Erlaßvom28.9.1949wurde er rückwirkendab29.8.1949dannendlichwiederBeamter auf
Lebenszeit.
Spruchkammerverfahren
WaswarmeinVater in derNazizeit nunwirklich? Ist seineEinstufungdurchdie Spruch-
kammer als Mitläufer und seine insgesamt vier Jahre dauernde Bestrafung durch die
Entlassung und später der Ausschluß vom Status des Beamten gerechtfertigt? Als Sohn
kannte ichmeinenVater natürlicherweise besser als jeder außerhalbderFamilie. Ichkann
daher mit Sicherheit meine bereits weiter oben im Zusammenhang mit seinem Eintritt
in die NSDAP gemachte Feststellung auch unter Berücksichtigungmeiner Befangenheit
als Sohn uneingeschränkt wiederholen: er war nie Nazi oderMilitarist. Er hat die Nazis
vielmehr zu einer Zeit mutig bekämpft, als diese noch nicht an der Macht waren und
dieEntwicklungnoch in eine bessere Zukunft gesteuert hättewerden können,wenn seine
Mitbürger damals ebenso aktiv geworden wären wie er, wie ich im Zusammenhangmit
seinerArbeit inderDeutschenJunglehrer-Zeitung (DJZ)auchanhand seinerArtikel dar-
67Jeder Erwachsenemußte diesenMeldebogen aufgrund desBefreiungsgesetzes ausfüllen. Spruchkam-
merverfahrenwurdendanngegendiejenigengeführt, bei denenderVerdachtaufNationalsozialismusund
Militarismus gegebenwar.
68Es gab die Kategorien: Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete. Nach
Art.12 ist Mitläufer: wer nicht mehr als nominell am Nationalsozialismus teilgenommen oder ihn nur
unwesentlich unterstützt und sich auch nicht alsMilitarist erwiesen hat.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427