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84 KAPITEL2. KINDHEIT
Einschulung
ImHerbst 1945 kammeine Schwester ins Gymnasium inWeißenburg. Sie war nach der
Evakuierung inLeupoldsdorf nocheinigeMonate inGmünd indiedortigeVolksschule ge-
gangen.NachmeinerErinnerunghattemeineMutter zusammenmitmir inderGmünder
Volksschule schon1944wegenmeinermöglichenEinschulung zumSchulbeginn imHerbst
1944vorgesprochen.ZumeinerdamalsgroßenErleichterunghieltmichderLehreraber zu
jener Zeit konstitutionell für noch nicht schultauglich, zumal ich das sechste Lebensjahr
zuSchuljahrsbeginnnochnichtganzvollendethatte.Sowurde ichdort erst imSeptember
1945 eingeschult.
Unterricht erhieltenwir von LehrerHaas.Mit ihmverbinde ich persönlich angenehme
Erinnerungen. Umgekehrt beurteilte er mich auf Anfrage meines Vaters wie folgt: Ein
gut begabter, sympathischer Schüler, an demderLehrer seine helle Freude hat.Der kleine
Improvisator versteht aus nichts etwas zumachen;man kann ihnauch zu allembrauchen.
Kasperlspiel ist seine Lieblingsbeschäftigung; den Zauberkasten versteht er aus dem ff .
Max undMoritz in einer Person! Auf eine gute Handschrift scheint er zunächst noch
keinen besonderenWert zu legen. 78
Mir selbst sind vor allem die folgenden beiden Schulerlebnisse in Erinnerung. Jeweils
zuBeginndesUnterrichts pflegteLehrerHaas zu fragen,wer vonuns denn gerne Kraft
bekommenmöchte. Darunter verstand erHiebe auf denHosenboden, die nach seiner In-
terpretationunsKraft gebenwürden.EinermeinerKameradenmeldete sichdann jeweils
freiwillig. Ich saß damals in der ersten Bankreihe undmußte die unnatürliche Prozedur
daher immer genau vormeinenAugenmiterleben.Heutewürdemanvielleicht beideAk-
teure therapeutisch behandeln.
Das andere fürmich viel unangenehmere weil unmittelbar betreffende Erlebnis dürfte
sichmutmaßlich erst in der zweiten oder drittenKlasse abgespielt haben. Ich kamdurch
die Tür ins Klassenzimmer. Rechts von der Tür hing eine Landkarte an einem Ständer.
Von dort sprang ein Mitschüler hervor und boxte mich so auf den Mund, daß meinen
beiden mittleren unteren Schneidezähnen bis heute jeweils eine Kerbe fehlt, die er mir
dabei herausschlug. Ich hattemit diesemSchüler keinerlei vorausgegangenen besonderen
Kontakt; vor allemhabe ich ihmvorher sicher nichts angetan,muß aber gleichwohl seine
Aggression irgendwie allein durchmeine Rolle in der Klasse derart erregt haben, daß er
mir diesen bleibenden Schaden zufügenmußte.
78Notizen vonHansBibel imFAWB1.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427