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2.4. NEUANFANGINNÜRNBERG 103
ZurAufbesserung der durch denWiederaufbau besonders angespannten familiärenFi-
nanzlage vermieteten meine Eltern zudem das während der Bauzeit von meinemVater
benutzte Zimmer imHinterhaus für eine gewisse Zeit an eine alleinstehendeDame.Diese
hatte einen in der US-Armee höhergestellten amerikanischenMann quasi als Verlobten,
der sie oft mit seinem aus damaliger Sicht riesigen Buick Straight-8 (Fireball 8) zum
Rendezvous abholte. Dieses Paar erregte natürlich nicht nur wegen des Autos die
Aufmerksamkeit aller.
Neben dem ebenfalls bereits erwähnten und vier Wochen nach mir geborenen Maxi
Schmidt kam in dieser Familie noch sein jüngerer Bruder Kurt (Kurti) hinzu. Ich hatte
also zwei Spielkameraden im Haus, mit denen ich im Treppenhaus oder im Hof, gele-
gentlich auch in denWohnungen, allesMögliche spielen konnte,waswirweidlich genutzt
haben.97 Im östlich angrenzendenGrundstückwohnte die Familie Lindner, ebenfallsmit
zwei Söhnen,Klaus undPeter, in vergleichbaremAlter, sodaß esmir an Spielkameraden
nie mangelte. Vor allem haben wir im Hof oft stundenlang Tischtennis auf einer Plat-
te gespielt, die ich in der Fabrik meines Großvaters in Georgensgmünd eigens gefertigt
bekommenhatte.
2.4.1 Nachwehen desKrieges
Das Leben der Familie war nach demWiederaufbau und demUmzug in das Elternhaus
gleichwohlweiter vonBelastungen geprägt, die als unmittelbareKriegsfolgen einzustufen
sind.So schreibtmeineMutter:98 Überaus rührendund tapferwarWolfi, als dieMutti an
einemGelenkrheuma schwer krank darniederlag; er pflegte und versorgte sie mit seinen
9 Jährlein, wie es ein Erwachsener nicht besser könnte. Die explizite Altersangabe läßt
(denWinter) 1947/48 als Zeitraum für dieseKrankheit vermuten, an die ich selbstmich
nur sehr vage erinnern kann. Vielleicht reicht sie aber auch noch in die Zeit vor dem
Umzug (und vor meinem neunten Geburtstag) zurück. Jedenfalls dürften die Ursachen
für diese Erkrankung in dermangelhaftenKlimaqualität der vorübergehendenWohnung
inGmünd gelegen haben.
Für alle Deutschen brachte das Jahr 1948 nach Jahren der Geldentwertung und des
Schacherns einen radikalenEinschnitt: dieWährungsreform.99Ab21.6.1948wardie neue
DeutscheMark (DM)das alleingültigeZahlungsmittel.Reichsmarkbeständewurdengrob
10:1 umgetauscht.Meine Eltern hatten nach demWiederaufbau desHausesmutmaßlich
97FAWB2, S.46 zeigt die vier fröhlichenKinder desHaus gemeinsamnach demOstersuchen 1948.
98Notizen inFAWB1.
99https://de.wikipedia.org/wiki/Währungsreform_1948_(Westdeutschland), Zugriff 20.6.2015.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427