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3.2. JUGENDZEIT 187
Jugendliebe
Die Erwähnungen von Sybille und anderen jungen Damen mag die Neugier auf mehr
Details zumeinenBeziehungen zuMädchen imRahmen all dieser Aktivitäten und auch
sonstgeweckthaben.DazumußmansichvorAugenhalten,daßesdamalskeinFernsehen
und auch sonst keine einfachenWege zu einer unverkrampftenAufklärung in Bezug auf
sexuelle Themen gab.Man hörte einenKameraden verworren davon erzählen, daß er in
einem beleuchteten Fenster ein nacktes Paar gesehen habe. Oder wir schlichen mit un-
heimlichenGefühlen dieGasse hinter derNürnberger Stadtmauer entlang, in der damals
daseinschlägigeGewerbebetriebenwurde.MeineMutter fühlte sich fürmeineAufklärung
zwarverantwortlich, gabdiesedannaberandenJugendleiter,HerrnHäberlein,weiter.Er
nahmmich bei Gelegenheit zur Seite, um über Sexualitätmitmir zu sprechen. Brauch-
bares habe ich dabei ebensowenig wie imBiologieunterricht erfahren. So unglaublich es
klingt, mich mußte erst bei der Musterung Ende 1956 der untersuchende Arzt darauf
hinweisen, daßmeinGlied ein Vorhaut hat, die man zurückstreifen kann und dort auch
reinigen sollte.DasThemablieb daher solange ein ziemlichweißer Fleck inmeinemWis-
sensschatz, bis ich 1959, also erst im Alter von gut zwanzig Jahren, durch Erwerb des
Buches Liebe ohne Furcht von Eustace Chesser zur Selbsthilfe in Sachen Aufklärung
schritt. Ich hatte später überhaupt nicht das Gefühl dadurch etwas versäumt zu haben,
daß sich mir die sexuelle Liebe erst relativ spät erschlossen hat. Im Gegenteil bin ich
davon überzeugt, daß dies fürmich in jeder Hinsicht einVorteil war. Vor allemwarmir
dadurchZeit gegeben,mich behutsamandie damit verbundenenGefühle heranzutasten.
Mädchen gab es in meinemUmkreis mehr als genug und wir pflegten bis zumeinem
19tenLebensjahr einen kameradschaftlichenUmgangmiteinander, der durch dasTanzen
miteinander allmählich, vor allemdann imAlter von18Jahren einen erotischenAnstrich
bekam.Die Bilder der damaligen Parties und Faschingsfeste dokumentieren diese Phase
unmißverständlich.48Nochhatte ichkeinMädchengeküßt.Die Sehnsuchtdanach schwoll
aber mächtig an. Ich baute mir in meinem Zimmer sogar ein Séparée und hoffte wohl
insgeheim,dorthineinMädchenzumerstenKuß lockenzukönnen.Wieaber sollte ichdas
anstellen?EinersterVersuchbeiUlliSprügelbeimAbschiedanderStraßenbahnhaltestelle
rief in dieser nur einen brüskiert abwehrendenReflex hervor.
Alles ergab sich dann wie von selbst. Klaus Lindner veranstaltete imNachbarsgarten
eines der vielen Feste, die es rundum inmeinemFreundeskreis gab. Davon gibt es zwei
BildermitChristl Schinnerer,49 der ich andiesemAbend zumerstenMal begegnete.Das
48FAWB3, S.24f, Diapositive Fasching 1957.
49FAWB3, S.29,51.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427