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166 KAPITEL3. ZIELSUCHE
bessere Schule der Zukunft gehen. Deshalb wollen wir uns jetzt lieber noch dem schuli-
schenUmfeldmeines damaligen Schulalltagswidmen, in dem sich einige bemerkenswerte
Vorkommnisse ereignet haben.
SchulischesUmfeld
Die Schule ist viel mehr als eine Anstalt zur Vermittlung vonWissen und Fähigkeiten,
als welche sie bisher in diesemAbschnitt dargestellt wurde. Jede Schule bildet auch eine
in sich relativ abgeschlosseneKleingesellschaft, in der das spätere gesellschaftliche Leben
eingeübt werden kann. Diese Funktion ist vor allem für das schwierige Alter der Puber-
tät vonbesondererBedeutungund erfordert vondenLehrern eine feinfühligeFlexibilität
in der Ausübung ihrer Führungsaufgabe. Halbstarkemüssen einerseits lernen, ihre eige-
nenVorstellungen zu verwirklichen, dürfen dabei aber andererseits denRespekt vor den
anderen nicht aus den Augen verlieren, eine extrem schwierige Gratwanderung, die bei
keinem auf Anhieb perfekt gelingen kann. In diesem Teilabschnitt erzählen wir von ei-
nigen bemerkenswerten Kabriolen aus jenen Schuljahren, die diese Gratwanderung gut
illustrieren.
In meinen bisherigen Schilderungen wurden eine Reihe meiner Lehrerinnen und Leh-
rer namentlich angeführt,weitere dagegennamentlich deswegenunerwähnt gelassen,weil
sie keinen besonderen Eindruck in die eine oder andere Richtung bei mir hinterlassen
hatten. Ein wichtiger Aspekt hinsichtlich des Lehrpersonals ist dabei bislang überhaupt
nicht zur Sprache gekommen, nämlich dieMitwirkung vonReferendar|inn|en. In unserer
Schulewurden ab demSchuljahr 1949 Studienseminare eingerichtet.14 Seither gab es ein
Germanistisches Seminar für Deutsch, Geschichte und Erkunde sowie ein Neuphilologi-
sches Seminar fürEnglisch undFranzösisch. Sie dienten dazu,Absolventen des Studiums
für das Lehramt als Referendare zur Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfungmit der
schulischenPraxis vertraut zumachen. Im Schuljahr 1953 nahmen beispielsweise 20Re-
ferendare/innen an diesen Seminaren in unserer Schule teil.
Konkretbedeutetediesbeispielsweise,daßzueinerUnterrichtsstundeeineAnzahldieser
jungen Leute sich still und leise irgendwo imRaummit aufhielten und demUnterricht
aufmerksam folgten. Insoweit waren sie uns sogar eher sympathisch. Denn sie waren ja
gerade einmal einige Jahre älter alswir.Auchwaren sie als gleichfallsLernende irgendwie
aufeinervergleichbarenStufemituns.Vorallemwarendarunteraucheinigerechthübsche
jungeDamen, die uns Jünglinge durchaus in eine gewisseUnruhe versetzen konnten.
14SieheS.52 in:WaltherKluge,DerWiederaufbaudesRealgymnasiums. In: 100JahreRealgymnasium
Nürnberg Jubiläumsschrift, Nürnberg, 1964, S.44 53.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427