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2.3. DIEZEIT INGEORGENSGMÜND 95
MirbliebenaberersatzweiseeineReihevonTantenwieTanteRola,GroßtantenLisbeth
Kaußler undHanna Seitz. Nicht zuletzt ist hier auch Tante Lisl zu nennen, die wie be-
reits erwähnt denHaushaltmeinesGroßvaters führte und in derenKüche ichmich gerne
aufhielt. Sie war zeitlebens dasAschenbrödel der Familie undwurde bis zumTode ihres
Vaters als seinebilligeHaushälterin in einemgewissenSinnequasi ausgebeutet.Während
beispielsweise alle ihreGeschwister wertvollenGrundbesitz vomVater vererbt bekamen,
blieb ihr nachmeinerKenntnis nur ein kärglichesWohnrecht in der kleinenWohnung im
ersten Stock über demWaschraum des väterlichen Hauses und eine ausreichende, wenn
auch nicht wirklich angemessene Versorgung in Form einer von der Firma ausgezahlten
Rente.Darüberhinauserbte sie einGebäude.90AlleGeschwisterhattenFamilienmitKin-
dern,die sichnachdemTodedesVatersumihreeigenenSorgenkümmerten.Sowurdevon
allenSeitenversäumt, ihrdieverdientenAnerkennungen für ihreLeistungenzuteilwerden
zu lassen. 1969 erhängte sie sich in ihrerWohnung, wohl aus Einsamkeit und vielleicht
auch Verbitterung. Auf eine diesem Suizid mutmaßlich vorausgegangene Depression ist
offenbar niemand in ihrem täglichenUmfeld aufmerksamgeworden, obwohl die familiäre
Disposition zu solcherpsychischenAnfälligkeit ja angesichtsderSuizidemeinerGroßmut-
terundMutterdenBeteiligtenwohlbekanntwar.EinTeil derSchuldandiesemSchicksal,
soman in solchen verstricktenFällen vonSchuld überhaupt sprechen kann, geht auch zu
Lasten ihres sonst durchaus fairenVaters.
Erlebnisse
AufgrundderFreiheit von allzu behütendenEltern oderGroßeltern konnte ich als heran-
wachsendesKind innerhalbdes engen, fürmichgleichwohl reichhaltigenGmünderRadius
meinen eigenen Entdeckungen und Beobachtungen nachgehen. Einige davon seien hier
zumBesten gegeben.
Das Fabrikgelände91 mit seinen vielen Bretterstößen war ein ideales und vielgestalti-
ges Spielterrain. Dazu gehörte beispielsweise ein entlegener Raum im ersten Stock im
Gebäude an der Ostseite, den wir uns als Spielzimmer eingerichtet hatten. Aber auch
die Arbeiten in der Fabrik konntenmich stundenlang fesseln.Mit Vorliebe besuchte ich
die Lackiererei und den dortigenMalermeisterBaumgärtner, der sich gerne die Zeit zum
Schwätzenmitmir nahm.Es roch infolge der verarbeiteten Lacke dort auch immer ganz
90Es handelte sich lt. Barbara Volkert um das alte Postgebäude inGmünd,mit dem sie nachmeiner
Einschätzung so gutwie nichts anfangen konnte.
91DasGelände istheute imBesitzderFa.Haarländer.Bei einemBesucham28.5.2016konnte ich jedoch
feststellen,daß sicheinGroßteil derBaulichkeiten imFabrikationsteil bisheute sogutwienichtverändert
hat.Verschwunden ist vor allemdasEingangsgebäude, in demdieWohnungen undBüros untergebracht
waren.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427