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196 KAPITEL3. ZIELSUCHE
sereWege trennten sich dann imRhônethal, weil mich die Liebe nach Lausanne an das
Nordufer desGenfer Sees trieb, umdortTraudl zu treffen,wovon schonweiter obenkurz
dieRedewar.
AnOstern des fürmich besonders ereignisreichen Jahres 1957 ludHerbert Geißmich
undPeterHaackalsKlassenkameradenzueinerAutotour ein, dieunsandenRhein,nach
Speyer, in diePfalz unddenSchwarzwald, nachBaden-BadenundStuttgart führte.64Er
warderersteundeinzige inunsererKlasse,derüberdasAutoseinerElternso freiverfügen
konnte. Zudemhatte er eine hübscheFreundin in derPfalz, diewir dabei aufsuchtenund
bei derenFamilie es Pfälzer Spezialitäten und vor allem guten furztrockenenWein gab.
VonweiterenReisen gemeinsammitmeinenElternwird noch im folgendenAbschnitt
kurz dieRede sein. Insgesamt läßt sich daher feststellen, daß ich inmeinen Jugendjahren
schon erstaunlich viel in Deutschland undEuropa herumgekommenwar und dabei viele
Erfahrungen sammeln konnte, diemir im ganzenLeben außerordentlich nützlichwaren.
Ratio vorGlaube
ImAbschnitt 2.5.2 war im Zusammenhangmit der Konfirmation vonmeiner kindlichen
Frömmigkeit die Rede. Mit zunehmender Reifung gewann meine Ratio die Oberhand
über den unhinterfragtenGlauben bzw., im Sinne des Buchtitels ausgedrückt, die Refle-
xion über denReflex. EineArt Schlüsselerlebnis in diesemZusammenhang hatte ich auf
dem ehemaligenNürnberger Reichsparteitagsgelände. Dorthin hatte in jenen Jahren der
weltweitbekannteamerikanischePredigerBillyGrahamzueinerseinervielenMassenevan-
gelisationen eingeladen und tausende Zuhörer in seinen Bann gezogen. Auch ich konnte
mich dieser fast dämonischen Kraft nicht entziehen, mit der es ihm in einer grandiosen
Inszenierung seiner Rede gelang, das Bewußtsein derMassen reflexhaft zu beeinflussen.
Nach dem Ende der Veranstaltung aus diesem Bann entschlüpft begann mein Denken
sich jedoch wieder zuWort zumelden. Irgendwie durchschaute ich noch auf demNach-
hausewegdie Substanzlosigkeit hinter dem raffiniert präsentierten Schauspiel.VonStund
anwar ichwesentlich gefeiter, religiösenPredigernundderenOrganisationenGlauben zu
schenken.DieFaktengebenmeinerSkepsis bis heute recht; es geht ihnen inderRegel vor
allemumGeldundMacht.Beispielsweise sollGrahamauf dieseWeise einVermögenvon
384,4MillionenDollar erwirtschaftet haben.65
MancheMenschenhabendieGabe, anderevöllig in ihrenBannzuziehen.WieGraham
hattewohl auchHitler genaudieseGabe, nutzte die dadurch errungeneMachtdannaber
64FAWB3, S.26.
65https://de.wikipedia.org/wiki/Billy_Graham, Zugriff 29.11.2015.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427