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Vierte Periode 1522 - t?4d. »9s
Am Rheine behaupteten die Kaiserlichen im Sommer 16Z6 das
Uebergewicht über die Franzosen, bei denen Herzog Bernhard von
Weimar, durch Geldmangel dazu getrieben, mit seinem Heere Dienste
genommen hatte. Herzog Car l von Lothr ingen, G a l l a s und
der vortreffliche Parteigänger Johann von Wer th drangen tief in
die Champagne hinein, und setzten über die Oise. Richelieu ward nur
durch den Spott seiner Feinde zurück gehalten, sich mit dem Hofe von
Paris nach Orleans zu flüchten, und ohne den hartnäckigen Widerstand
der Stadt St. Jean de Laune in Burgund hätte er sich doch dazu ent-
schließen müssen.
Die in aufgefangenen Papieren gemachte Entdeckung der Absichten
Frankreichs auf den Kaiserthron, beschleunigte die Erfüllung des letzten
Wunsches Ferdinand's, die Wal,l seines Sohnes zum Römischen
Könige, welche, am 22. Dezember 16Z6, zu Regensburg ruhig vor
sich gmg.
Ferdinand II. überlebte dieses frohe Ereigniß kaum sieben Wo-
chen. Mit sichtbar abnehmenden Kräften verließ er Regensburg, über-
trug die noch unbeendigten Neichsgeschäfte dem neuen Könige, und begab
sich nach Wien, wo er, am 15. Februar 1637, im neun und fünfzig-
sten Jahre seines Alters mit seltener Gemüthsruhe und frommer Ergebung
verschied.
Ferdinand II. war von ansehnlicher Person, mehr hager al« fett, seine
Züge spitzig, die Farbe bräunlich, die Augen blau, die Haare blond, die
Lippen etwas aufgeworfen. Seine Manieren waren gefällig und im Um-
gänge herzlich, sein Anstand, wenn er in seiner Herrscherpracht auftrat,
wahrhaft kaiserlich.
In seinem Privatleben war er überaus liebenswürdig.seinen beiden Gemah-
linnen mit treuer Liebe zugethan, also, daß nie ein ernstliches Mißverständ-
niß sie trennte, daß sein letzter Wunsch war, zu Grätz, neben der von ihm
oft beweinten Anna vo» Baiern, der Mutter seiner Kinder, zu schlum-
mern. Ein ungemein zärtlicher Vater, nahm er an dem wichtigen Werke
der Erziehung seiner Kinder thätige» und verständigen Antheil. Seine heran-
gewachsenen Söhne zog er zu allen Geschäften des Krieges und b?s Friedens,
führte sie in seinen geheimen Rath ein, und ging mit ihnen um, wie mit
Brüdern. Srin Haus war das schönste Vorbild für alle seine Unterthanen.
Treue Diener zeichnete er aus durch Würden und Loh», und, was derhöchste
Lohn ist, durch unbedingtes Vertrauen. Wenn er in den Fall kam, in sei-
nem Hause elwas streng ahnden zu muffen, so bestrebte er sich sichtbar, die,
welche sein Unwillen getroffen hatte, durch verdoppelte Freundlichkeit wieder
zu trösten. Er nahm innigen Antheil an allen Angelegenheiten seiner Haus-
genoffen, und pflegte nicht selten selbst ihrer, wenn sie erkrankten.
Sein Herz war so mild, daß er die Verbrecher, wenn es die Umstände an-
ders erlaubten, in der Regel begnadigte. Erduldete nicht, daß man auch
nur einen Bettler ungehört von ihm abwies, selbst wenn dieser mit einer
ansteckenden Krankheit behaftet gewesen wäre. Er hatte der erste den schönen
Gedanken, für die Angelegenheiten der Dürftigen eigene Sachwalter aufzu-
stellen und zu besolden. Bei der ihm eigenen Großmuth und Freigebigkeit fiel
es ihm äußerst schwer, etwas abschlagen zu muffen,
Vr wurde nicht müde, viele Stunden seiner lara. zugemessenen Zeit mit ung«-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494